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Milliarden für Netze: Verkehrsminister Alois Stöger.

Foto: APA/Hochmuth

STANDARD: Ihre Vorgängerin hat die insbesondere von Medizinern kritisierte Bundesstraßen Lärmimmissionsschutzverordnung noch vor ihrem Abgang erlassen. Sie erlaubt höhere Lärmbelastung durch Autobahnen und Schnellstraßen, insbesondere in lärmbelasteten Gebieten. Auch der Verwaltungsgerichtshof schreibt Lärmmessungen vor statt Berechnungen. Als Ex-Gesundheitsminister kann Ihnen das nicht recht sein, Lärm ist ein erheblicher Krankmacher. Wie gehen Sie damit um?

Stöger: Ja, Lärm ist ein Krankheitsverursacher. Aber es ist auch ein Krankheitsverursacher, wenn man keine Infrastruktur hat und es ist auch ein Krankheitsverursacher, wenn es Arbeitsplätze nicht mehr gibt. Das ist ein Mix aus komplexen Materien. So wie ich die Verordnung kenne, wurde damit Rechtssicherheit im Schnellstraßenbau geschaffen.

STANDARD: Mediziner lesen das anders. Die waren zur Begutachtung gar nicht eingeladen. Die Verordnung erlaubt höhere Grenzwerte, als die WHO in ihrer Night Noise Guideline empfiehlt - haben Sie Gesundheit zu den Akten gelegt?

Stöger: Habe die Gesundheit ganz sicher nicht aufgegeben. Aber ich werde mir das genau anschauen.

STANDARD: Bleiben wir bei der Gesundheit. Verkehr ist einer der großen Treibhausgasemittenten, Österreich ist Vizeeuropameister bei Luftverschmutzung, Stickoxid-Höchstwerte werden regelmäßig überschritten, die EU-Kommission ist alarmiert. Was wird das Verkehrsministerium beitragen? Dieselförderung kürzen oder stoppen im Sinne einer Öko-Steuerreform?

Stöger: Wir als Verkehrsministerium sind da sicher auch gefragt. Wie können wir Verkehr organisieren hinsichtlich Klimaschutzüberlegungen? Beim Schienengüterverkehr sind wir im EU-Vergleich außerordentlich gut, ein Drittel des Güteraufkommens ist auf Schiene. Wir sind in der Lage, viele Anschlüsse des Netzes auch der kleinstrukturierten Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Das kostet Einiges, bitte uns das später nicht vorzuwerfen. Auch fördert der Bund zum Beispiel Gefahrenguttransporte bei der ÖBB, weil diese 60-mal sicherer sind als auf der Straße. Auch das sollte man uns künftig nicht vorwerfen. Nächste Schritte werden sein: Das Zusammenspiel der Verkehrsträger besser gestalten.

STANDARD: Wie zum Beispiel?

Stöger: Wenn ich von Linz nach Wien mit dem Zug nur eine Stunde und 15 Minuten brauche und in Wien gute Anschlüsse habe, dann ist das eine tolle Entwicklung, das stärkt den öffentlichen Verkehr. Wenn wir Sankt Pölten-New York mit nur einmal umsteigen schaffen, dann ist das eine attraktive Perspektive. Da werden Investitionen getätigt, die uns letztendlich nutzen.

STANDARD: Wenn es dann noch Direktflüge Wien - New York gibt ...

Stöger: Sankt Pölten - New York, das ist eine schöne Sache. Ich bin überzeugt, wir schaffen das.

STANDARD: Österreich ist im Klimaschutz säumig. Da kann der Verkehrsminister nicht wegschauen.

Stöger: Man muss die Kirche schon im Dorf lassen. Es geht darum, was der Verkehr mit welchen Instrumenten tun kann. Güter auf die Schiene verlagern ist der richtige Ansatz, das machen wir auch. Zweitens: Öffentlichen Verkehr stärken, Schiene braucht weniger Platz als Lkw-Flotten. Es geht um das richtige Verkehrsmittel für den richtigen Weg und die Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsinstrumente. Da ist viel geschehen, Stichwort Bahnhofsumbauten. Das sind tolle Leistungen.

STANDARD: Sie streben sozial gerechte Leistungen an. Was heißt das im Verkehr? Weniger Pendlerpauschale für Besserverdiener?

Stöger: Meine Aufgabe als Infrastruktur- und Technologieminister ist es, den Zugang zu Netzen wie Straße, Schiene und Information zu sichern. Es muss diesbezüglich leistungsfähige Angebote für die Bevölkerung geben. Daher ist die Breitband-Milliarde so wichtig. Der soziale Zugang ist, dass es leistungsfähige Netze nicht nur in Wien gibt, sondern auch in den Regionen. Das heißt letztlich auch, den Menschen Freiheit zu geben. Daher müssen wir für hochqualitative öffentliche Dienstleistungen auch Verantwortung übernehmen.

STANDARD: Den größten Zulauf und Schub im Schienenpersonenverkehr hat zweifellos das Wiener Parkpickerl gebracht. Wie kann ein weiterer erzeugt werden?

Stöger: Ich bin für jede Idee zu haben, um den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr zu attraktivieren. Ganz wichtig ist dabei sicher ein Taktfahrplan. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 4.9.2014)