Adolf Frohners "Die Kreuzigung" von 1977 wird im Essl-Museum gezeigt.

Foto: Mischa Nawrata

Adolf Frohner wäre heuer 80 geworden.

Foto: Gabriela Brandenstein

Klosterneuburg/Krems - Deformierte Fleischmassen, hängende Brüste, fette Schenkel, zerschundene, mit Ketten und Stricken verschnürte Körper: Warum malt einer so, wie Adolf Frohner malte? "Sehen Sie, ich erfinde nichts Neues", sagte der zuvorkommende ältere Herr in grauen Flanellhosen und blütenweißem Hemd, und deutete auf Fotos und Zeitungsausschnitte, "Ich beschäftige mich mit Körperritualen. Modeplakate oder Sportaufnahmen zeigen Frauen immer in diesen erotischen Posen." Oder wie Dieter Ronte, Direktor des Forum Frohners in Krems und Kokurator einer der beiden aktuellen Frohner-Schauen, einmal erklärte: "Die Torturen, die die Frohner'schen Frauen erleiden, sind keine formalen Exerzitien einer ausschweifenden Fantasie, sondern Sinnbilder der Unterdrückung der Frau in aller Welt."

Adolf Frohner, 1972 mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet, leitete zwanzig Jahre lang, von 1985 bis 2005, eine Meisterklasse für Malerei an der Universität für angewandte Kunst, von 1999 bis 2005 war er dort Vorstand des Instituts für bildende Kunst: Große Genugtuung für einen, dem die Akademie der bildenden Künste seinerzeit "mangels Talent" die Aufnahme verwehrte. Noch größer der Triumph, den er auch noch erleben durfte: Wenige Tage vor seinem Tod erfolgte der erste Spatenstich zu seinem Museum in Krems.

Er habe, sagte Frohner bei einem der letzten Atelierbesuche, nichts Geniales. Mit der Regelmäßigkeit eines Beamten gehe er morgens ins Atelier, pünktlich um 17 Uhr verlasse er es wieder Richtung Uni. So regelmäßig der Arbeitsablauf, so überbordend, so maßlos, üppig, und, ja, im besten Sinne stillos die Kunst. "Jedes Bild ist quasi ein Neubeginn. Ich lege mir in meinen Bildern Fallen, schaffe Strukturen, die mich zwingen, aufmerksam zu bleiben." Er malte, collagierte, installierte, klebte Laubbüschel auf Leinwände, kohlte Türen an, kritzelte, ritzte, bohrte.

Der politisch engagierte Künstler, der an den Biennalen von Paris (1976), São Paulo (1969) und Venedig (1970) teilnahm, wollte sich kein idealisiertes Weltbild zusammenmalen. Umdrehung der Wertigkeiten, darum ging es ihm. Er, dem nichts heilig schien außer der Kunst, schaffte mit seinen Arbeiten meditative Unruhe. Beklemmende Stille. Schwüle Angst. Aufregende Schönheit. Seine Schönheit.

"Ein Künstler kann nichts machen, was nicht schön ist. Genauso wenig kann ein Politiker etwas machen, was schön ist." Alte Matratzen und ihre Funktion faszinierten ihn: "Wer da alles drauf geschlafen, sich geliebt hat, gestorben ist."

Fotos aus seiner Aktionismuszeit zeigen Frohner, den wilden Hund, der mit seinen Gerümpelplastiken die österreichischen Gemüter erschreckte. Als er sich gemeinsam mit Otto Muehl und Hermann Nitsch am 2. Juni 1962 in einen Brigittenauer Keller einmauern ließ, gingen Aktion und Kunstwerke als Geburtstage des Aktionismus in die Kunstgeschichte ein, das Manifest Die Blutorgel war die Geburtsurkunde. Später trennte er sich von den Aktionisten, "und weil ich jetzt nicht mehr dabei bin, finden manche Kollegen und Journalisten, ich hätte auch kein Recht, damals dabei gewesen zu sein."

Wein und Kunst

Geboren 1934 als Sohn eines Bauern aus Großinzersdorf, der selber Hobbymaler war, habe er immer schon Künstler werden wollen. Und als ihn die Akademie ablehnte, verfiel er nicht in Depression, sondern auf die Idee, die Fachschule für Wirtschaftswerbung zu besuchen. Er jobbte als Werbegrafiker, ehe er 1961 tatsächlich wurde, was er immer schon sein wollte: Künstler. In Paris lernte er die Nouveaux Réalistes kennen und schätzen. Jean Dubuffet sollte den Freund aus Österreich später mit handgeschriebenen Rezepten für Weichsel- und Kastanienschnaps versorgen.

Wobei Frohner dem Wein den Vorzug gab: "Figurative Malerei kommt aus jenen Ländern, wo Wein angebaut und getrunken wird. Sich berauschen mit Wein führt zur Kultur, sich besaufen mit Bier und Schnaps hingegen zur Verblödung." Natürlich, fügte er hinzu, sei dies nicht wirklich kunsthistorisch gültig. "Aber oberflächlich betrachtet hat diese Theorie ihre Reize." (Andrea Schurian, DER STANDARD, 4.9.2014)