Ein Engel bemüht sich um Schlichtung: Gemälde von Felix Albrecht Harta von 1917.

Foto: Salzburg-Museum

Palais Porcia: Schützengraben und Heldenfriedhof.

Foto: Thomas Trenkler

Wien - Das Klimt-Jahr, das Mozart-Jahr und Bedenkjahre wie 1988 waren nichts dagegen: Die Zeitschrift Neues Museum listet in ihrer aktuellen, dem Großen Krieg gewidmeten Ausgabe insgesamt 31 Ausstellungen auf, die sich 2014 in Österreich mit der ersten "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen. Und dieses herausklappbare Kalendarium ist nicht einmal vollständig.

Abgesehen von der exzellenten Ausstellung auf der Schallaburg Jubel & Elend (bis 9. November), die nahezu alle Facetten beleuchtet, arbeiten die Institutionen vor allem mit eigenen Beständen: Der Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren bot eine Möglichkeit, das Archiv zu durchforsten. Zudem geht man vor allem den lokalen Auswirkungen nach, so im Salzburg-Museum: Krieg. Trauma. Kunst (bis 27. September) beschäftigt sich ausführlich mit dem Lager in Grödig. Die gefangen genommenen Soldaten wurden z. B. ohne ihre Einwilligung für anthropologische Studien herangezogen.

Gehängte und Erschossene

Henny Liebhart-Ulm und Gerold Tagwerker gestalteten die Schau - als einzige Schmuckfarbe wird Gelb eingesetzt - wohltuend schlicht und sachlich. Man wollte eine "bühnenbildhafte Anordnung" vermeiden und arbeitet nur mit wenigen Objekten: Im Zentrum stehen kaschierte Reproduktionen von Fotografien. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ausstellungen scheut man vor drastischen Darstellungen nicht zurück. Zu sehen sind jede Menge erschossene oder gehängte Männer; auch die Abbildungen von Schwerstinvaliden sind nicht unbedingt für Kinder geeignet.

Ergänzt werden die Schicksale der Salzburger Soldaten und Zivilisten mit treffenden, karikaturhaften Zeichnungen von Arthur Stadler (1892-1937). Eines der herausragenden Exponate ist ein Ölgemälde von Felix Albrecht Harta: Die von einem um Schlichtung bemühten Engel beherrschte Komposition gehört zweifellos, wie auch im Bildtext vermerkt, "zum Eindrucksvollsten, was zu dieser Thematik hierzulande gemalt wurde". Interessanterweise fand das 1917 entstandene Bild viele Jahrzehnte keine Beachtung: Als Harta 1922 Salzburg verließ, blieb es im Künstlerhaus zurück - und Anton Faistauer nutzte die Rückseite für einen Freskoentwurf.

Die komplexe Schau geht auch auf die mediale Inszenierung des Krieges ein. Speziell diesem Thema widmet sich die Schau Extraausgabee -! des Bundeskanzleramts im Wiener Palais Porcia (bis 31. Oktober): Es beschäftigt sich mit dem Kriegspressequartier, der Zensur, dem verordneten Jubel, den Kriegsliedern und so weiter. Der Bühnenbildner und Regisseur Hans Hoffer setzt leider auf banale Installationen: Im Innenhof rekonstruierte er einen Heldenfriedhof - und einen Schützengraben mit Stacheldraht ohne Stacheln.

In den nächsten Wochen kommen noch ein paar Ausstellungen hinzu: Im Waschsalon Nr. 2 des Karl-Marx-Hofes wird am 10. September Die Sozialdemokratie zieht in den Krieg eröffnet. Man zeigt auf, wie sich die Einstellungen von Leo Trotzki, Rosa Luxemburg, Ramsay MacDonald, Filippo Turati, Otto Bauer und anderen wandelten. Das Wien-Museum skizziert ab 16. Oktober unter dem uninspirierten Titel Wien im Ersten Weltkrieg den Stadtalltag. Und auch das Stille-Nacht-Museum in Arnsdorf steuert ab 26. Oktober einen Aspekt bei: mit einer Schau über die Sehnsucht nach Frieden zu Weihnachten 1914. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 4.9.2014)