Steht schützend vor einem Gemälde von Anselm Kiefer, das (zunächst) nicht veräußert wird: Baumax-Gründer und Kunstsammler Karlheinz Essl.

Foto: Sammlung Essl / Kuffner

Eines der 44 Gemälde, die am 13. Oktober bei Christie's unter den Hammer kommen: "Netz" von Gerhard Richter.

Foto: Sammlung Essl / Gerhard Richter

Baumagnat hilft Baumarktgründer: Der kunstaffine Industrielle Hans Peter Haselsteiner gründete zusammen mit dem Unternehmer Karlheinz Essl eine GmbH - und diese erwarb quasi über Nacht die Sammlung zeitgenössischer Kunst, die Essl zusammen mit seiner Frau Agnes in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat. Die Sammlung soll mehr oder weniger erhalten bleiben, der Betrieb des Museums in Klosterneuburg sei vorerst gesichert.

Mitte März bot Essl der Republik seine Sammlung österreichischer und internationaler Kunst des 20. Jahrhunderts zum Kauf an. Denn bei einer Insolvenz der schwer angeschlagenen Baumax-Kette hätten die Gläubigerbanken Zugriff auf die rund 4900 Werke. Und Essl wollte die Zerschlagung bzw. Filetierung mit allen Mitteln verhindern. Der Buchwert der Sammlung wurde mit 86 Millionen Euro angegeben.

Als Druckmittel brachte Essl 4000 Arbeitsplätze ins Spiel, die in Österreich gefährdet seien. Doch die Minister Josef Ostermayer (Kultur), Rudolf Hundstorfer (Soziales) und Reinhold Mitterlehner (Wirtschaft) sprachen sich gegen einen Ankauf aus. Im April gab Essl zwar eine Verkaufsvollmacht für seine Sammlung ab, er versuchte aber weiterhin, die geliebte Kunst aus den Klauen der Banken zu befreien.

Binnen dreier Tage

Am Montag wurde im Firmenbuch die SE - Sammlung Essl GmbH eingetragen. Zu 60 Prozent gehört diese der ZMH GmbH, hinter der die Haselsteiner Familien Privatstiftung steht. Die restlichen 40 Prozent bleiben bei der Sammlerfamilie: Einen Teil hat die Karlheinz und Agnes Essl Privatstiftung übernommen, einen Teil die Martin und Gerda Essl Privatstiftung. Die neu gegründete SE bot den 42 Gläubigerbanken rund 115 Millionen Euro an. Und die Banken gaben ungewöhnlich schnell - binnen dreier Tage - ihr Okay. Denn Essl hätte seine Sammlung um etwa 100 Millionen Euro zurückkaufen können. Sie nach und nach in Eigenregie zu veräußern, hätte sich, wenn man keinen massiven Preisverfall riskieren will, über Jahre hingezogen.

Der Deal wurde von den Rechtsanwälten Thomas Angermair und Felix Hörlsberger von der Kanzlei Dorda Brugger Jordis (sie betreut auch den Verkauf der Baumax-Töchter im Ausland) abgewickelt. Man nutzte offenbar die Bonität Haselsteiners: Die Sammlung wurde kreditfinanziert erworben, die Summe bereits in der Nacht zum Dienstag überwiesen.

Als nächster Schritt kommen am 13. Oktober bei Christie's in London 44 hochpreisige Werke zur Auktion. Der Termin ist gut gewählt: Am Tag darauf findet die Preview der Frieze, einer der wichtigsten Messen zeitgenössischer Kunst, statt. Zum Verkauf gelangen je ein Werk von Maria Lassnig und Friedensreich Hundertwasser, die weiteren 42 Bilder stammen von internationalen, vornehmlich deutschen Künstlern (Gerhard Richter, Georg Baselitz, Andreas Gursky, Albert Oehlen, Martin Kippenberger, Sigmar Polke und Günther Uecker).

Der Name Anselm Kiefer, von dem Essl viele große Werke erwarb, soll sich angeblich nicht auf der Liste befinden. Der Wert der 44 Bilder wird mit 50 Millionen Euro angegeben. Man hofft, dass ein noch höherer Gewinn erzielt werden kann. In diesem Fall würden auch die Gläubigerbanken einen Nachschlag bekommen.

Die Erlöse dienen zur Rekapitalisierung, zudem soll mit ihnen der Betrieb des Museums finanziert werden. Weitere "gezielte" Verkäufe will man nicht ausschließen. Essl ist zusammen mit Haselsteiner Geschäftsführer der GmbH - und bleibt Direktor der Sammlung. Bisher hatte der Unternehmer argumentiert, dass der österreichische und der internationale Teil der Sammlung zusammenbleiben müssen, da die heimische Kunst im Konnex eine andere Bedeutung bekomme. 44 der wertvollsten Bilder aber werden künftig als Messlatte fehlen: Sie machen augenscheinlich, welchen vergleichsweise geringen Marktwert der übrige Bestand hat.

Die Frage, ob an eine Fusion der Sammlung mit jener von Haselsteiner gedacht ist, bleibt vorerst offen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 3.9.2014)