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Probleme mit der Finanz: Kataloniens Ex-Regierungschef Jordi Pujol.

Foto: EPA/ROBIN TOWNSEND

Spanien hat einen neuen schweren Korruptionsfall. Der frühere Präsident der katalanischen Autonomieregierung (1980-2003), Jordi Pujol, hat seit Jahrzehnten Millionenbeträge auf Konten im Ausland, ohne dafür Steuern abgeführt zu haben. Dies bestätigte der spanische Finanzminister Cristobal Montoro bei einer Fragestunde im spanischen Parlament. Die Justiz habe zehn Länder, darunter die USA, die Niederlande, Schweiz, Luxemburg und Andorra um Amtshilfe gebeten.

Der Skandal begann, als im Juli mehrere Tageszeitungen über das mutmaßliche Vermögen des 84-Jährigen und vier seiner sieben Kinder berichteten. Pujol gestand ein, tatsächlich Konten in Andorra zu unterhalten. Es handle sich um das Erbe seines vor 34 Jahren verstorbenen Vaters. Beträge nannte er keine. Pujol verzichtete öffentlich auf alle Privilegien, die er als Ex-Präsident der nach Unabhängigkeit strebenden Region genoss, und zog sich offiziell aus der Politik seiner Partei Convergència i Unió (CiU), die derzeit die Regierung in der Region stellt, zurück. Gegen zwei seiner Söhne wird wegen Vorteilnahme und wegen Geldwäsche ermittelt.

Bei dem geerbten Geld soll es sich - so die Presse unter Berufung auf die Ermittlungen - um rund vier Millionen Euro handeln. Insgesamt habe der Familienclan 1,8 Milliarden Euro angehäuft, so Presseberichte. Woher das Geld stammt, weiß keiner so genau. Doch seit Jahren werden immer wieder Anschuldigungen laut, CiU habe von allen Aufträgen, die die katalanische Regierung vergab, zwischen drei und fünf Prozent als Kommission kassiert. Ob ein Teil davon bei den Pujols landete, werden die Ermittlungen erbringen müssen.

Korruptionsverdacht

Einer der Söhne Pujols, der 47-jährige Oriol, wird beschuldigt, bei der Vergabe von Lizenzen für den Betrieb von Pkw-Prüfstellen Freunde gegen Geld bevorteilt zu haben. Oriol Pujol trat mittlerweile von seinem Amt als Generalsekretär einer der beiden in der CiU vertretenen Teilparteien zurück und trat auch von seinen Parlamentssitz zurück.

Für die katalanischen Nationalisten kommen die Ermittlungen gegen ihre Leitfigur zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die in Barcelona regierenden CiU will am 9. November gegen den Widerstand der konservativen Zentralregierung in Madrid (aber auch gegen den Willen der oppositionellen Sozialdemokraten) ein Unabhängigkeitsreferendum abhalten. Doch die Debatte um die Korruption überdeckt derzeit alles andere. Es handle sich "um eine private Angelegenheit" der Pujols, erklärte der CiU-Chef und derzeitige Präsident der Autonomieregierung Artur Mas. Das katalanische Parlament sieht das anders. Es will Jordi Pujol zur Befragung vorladen. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 3.9.2014)