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Ein Mann sprüht in Liberias Hauptstadt Monrovia eine Chemikalie, um die Ausbreitung von Ebola einzudämmen.

Foto: AP Photo/Abbas Dulleh

Die Staats- und Regierungschefs der Welt haben im Kampf gegen Ebola versagt, sagte die Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen, Joanne Liu, am Dienstag vor den Vereinten Nationen in New York. Sie fordert, dass die Staaten ihre medizinischen Notfalleinsatzkräfte, seien sie zivil oder militärisch, nach Westafrika schicken, um "Leben zu retten". Passiere das nicht, werde sich die Ebola-Ausbreitung in den betroffenen Länder nicht stoppen lassen, und der "Kampf gegen die Krankheit ist verloren", so Liu.

Seit März befindet sich Ärzte ohne Grenzen in Westafrika, um Ebola-Infizierte zu betreuen und Verdachtsfälle in den Dörfern aufzuspüren. Anfang August rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen globalen Gesundheitsnotstand aus. Dieser "führte nicht zu entschlossenen Handlungen, und eigentlich traten die Staaten einer globalen Koalition des Nichtstuns bei", kritisiert Liu.

Liu: Erzwungene Quarantäne erzeugt nur Angst

Viele Länder würden über Eingreifmechanismen bei biologischen Gefahren verfügen. In wenigen Tagen würde es damit möglich sein, geschulte zivile oder militärische Teams organisiert und mit einer Kommandostruktur einzusetzen, so Liu. Das würde laut Ärzte ohne Grenzen die Sicherheit und Effizienz der Hilfe in den betroffenen Ländern sicherstellen. Allerdings dürfe man diese Teams nicht für Quarantänemaßnahmen einsetzen, so Liu, da erzwungene Abschottung nur für Angst und Unruhe gesorgt habe, anstatt das Virus einzudämmen.

In Liberia wurden zehn Tage lang zwei Slums vollkommen abgeriegelt. Dabei kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Behörden und den Bewohnern. Märkte und Geschäfte wurden geschlossen, und es wurde eine Nahrunsgmittel- und Wasserknappheit befürchtet.

"Ebola gewinnt"

Die Versorgungszentren von Ärzte ohne Grenzen in Liberia und Sierra Leone sind mittlerweile mit Verdachtsfällen überfüllt. Ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation wird in einer Aussendung zitiert, dass man mittlerweile Patienten zurückweisen müsse, weil es keinen Platz mehr gebe.

"Die Uhr tickt, und Ebola gewinnt", sagt Liu. "Die Zeit für Treffen und Planungen ist vorüber. Es ist Zeit, etwas zu tun. Jeder Tag, der mit Nichtstun verstreicht, bedeutet mehr Tote und den langsamen Zusammenbruch von Gesellschaften."

Tote auch durch andere Krankheiten

Weil die rasant fortschreitende Ebola-Epidemie alle medizinische Hilfe beansprucht, sterben in Sierra Leone, Liberia und Guinea immer mehr Menschen an anderen Krankheiten. Vielerorts seien zudem Gesundheitsstationen unbesetzt, weil die örtlichen Kräfte sich selbst mit Ebola infiziert hätten oder aus Angst vor Ansteckung nicht zur Arbeit gingen, berichtet Ärzte ohne Grenzen.

"Das hat zur Folge, dass es nun auch immer mehr Menschen gibt, die an behandelbaren Krankheiten wie Malaria oder Durchfall sterben. Und bei Geburten gibt es kaum noch Möglichkeiten für Kaiserschnitte", sagte Mariano Lugli, Direktor für Internationale Einsätze, der Nachrichtenagentur dpa. (bbl, red, derStandard.at, 2./3.9.2014)