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Das schwere Beben zog einen Tsunami nach sich, weite Küstenbereiche in Chile wurden überflutet. Nun haben Wissenschafter die genaue Lage der Bruchstelle zwischen der südamerikanischen und der pazifischen Nazca-Platte ermittelt.

Foto: AP Photo/ Natacha Pisarenko

Im Februar 2010 kam es in Chile zu einem der schwersten Erdbeben der vergangenen 50 Jahre. Mit einer Stärke von 8,8 verursachte das Beben einen verheerenden Tsunami, der weite Küstenbereiche der Regionen Maule und Bío-Bío überflutete. In den Folgemonaten wurden viele weitere kleine Nachbeben durch regionale tektonische Spannungen registriert. Nun konnte ein internationales Forscherteam durch Messungen dieser Nachbeben die genaue Lage der Bruchstelle zwischen der südamerikanischen und der pazifischen Nazca-Platte ermitteln.

Bewegung in der Wassersäule

Tsunamis entstehen immer dort, wo es zu starken, vertikalen Bewegungen des Meeresbodens kommt: Dadurch, dass sich vor Chile die ozeanische Nazca-Platte unter die südamerikanische Platte schiebt, können die Platten miteinander verhaken, Spannungen bauen sich auf, die sich dann plötzlich lösen. Bei dem heftigen Erdbeben in Chile ist genau das passiert. Die Nazca-Platte wurde noch ein Stück weiter unter die Kontinentalplatte geschoben. Dabei wird die südamerikanische Platte nach oben gedrückt, es entsteht ein sogenannter Meeresboden-Versatz. Bei dieser starken Bodenbewegung wird die gesamte Wassersäule in Bewegung versetzt, eine Flutwelle entsteht, die uns als Tsunami bekannt ist.

Um die Gefahrenpotentiale von Erdbeben besser einschätzen zu können, ist es wichtig, die genaue Lage der Bruchstelle zwischen den beiden verhakten Platten zu ermitteln. Das ist der Kathrin Lieser und Ingo Grevemeyer vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel zusammen mit Wissenschaftern des Helmholtz-Zentrums Potsdam Deutsches Geoforschungszentrum (GFZ) und der Universidad de Chile nun gelungen.

Nur wenige Monate nach dem großen Erdbeben begab sich das Forschungsschiff SONNE auf eine kurzfristig geplante dreitägige Expedition, bei der insgesamt 30 Ozeanbodenseismometer auf dem Meeresboden entlang der chilenischen Küste ausgelegt wurden. Zusätzlich befanden sich Messgeräte des GFZ an Land der Küstengebiete. "Nachbeben sind höchstwahrscheinlich immer dort aktiv, wo sie auch während des Hauptbebens auftraten. Deshalb kann man durch deren Vermessung auf den Ursprungsort des eigentlichen Bebens schließen", sagt Grevemeyer.

Geballte Beben nahe Pichilemu

Die flächenhafte Aufstellung der Seismometer zeigte deutliche Unterschiede in der Verteilung der seismischen Aktivität. Wie die Wissenschafter im Fachmagazin "Geology" schreiben, kam es zu einer Ballung von starken Beben im nördlichen Teil der Bruchfläche seewärts der Stadt Pichilemu. "Erstmals konnte seismische Aktivität entlang einer am Meeresboden auskeilenden Störungszone nachgewiesen werden. Diese Brüche werden oft mit der Generierung von Tsunamis in Verbindung gebracht", erklärt Grevemeyer.

Bereits im Jahr 2008 untersuchten die Wissenschafter über sechs Monate hinweg mit einem Netz aus Ozeanbodenseismometern genau die Region, in der sich 2010 das Seebeben vor Chile ereignete. Die dort gewonnenen Messungen konnten als Vergleichsdaten für die aktuelle Studie genutzt werden. Die Erkenntnisse der Studie dienen dazu, Gefahrengebiete für Erdbeben oder Tsunamis genau definieren zu können. (red, derStandard.at, 02.09.2014)