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Wollen Pattstellung bei Bildung und Steuern beenden: Faymann, Mitterlehner.

Foto: apa/schlager

Wien - Die Koalition will künftig verstärkt gemeinsame Lösungen präsentieren und weniger auf "unterschiedliche Profilierung" setzen. Das hat Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Dienstag nach seinem ersten Ministerrat in neuer Funktion gesagt. Die "Leitlinien" dafür will man laut Kanzler Werner Faymann bei einer Klausur am 26./27. September festlegen. Zur Steuerreform zeigten sich beide pragmatisch.

Für die Steuerreform versicherten sowohl Faymann als auch Mitterlehner, bis kommenden März eine Lösung finden zu wollen. Bis dahin werde man sich nicht mit Festlegungen gegenseitig blockieren, sagte Mitterlehner: "Das haben wir schon gehabt." Und: "Es nützt uns beiden, wenn wir ein Ergebnis zustande bringen."

Steuerpläne: Gegenfinanzierung erst "am Schluss"

Hohe Budget-Disziplin mahnte der neue Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) in seiner Vorstellungs-Rede im Nationalrat ein. Denn die Budgetsituation sei angespannt, sie lasse kaum Ausgaben-Spielräume zu und die Wachstumsprognosen sinken. Eine Steuerreform hält er für wichtig, aber: "Wenn sich die Konjunktur so entwickelt wie sie sich entwickelt, wird das Vorhaben immer schwieriger."

Schelling unterstrich den vereinbarten Steuerreform-Zeitplan: Konzept im Herbst, politischer Beschluss im März nächsten Jahres: "Dazu stehe ich." Über die Frage der Gegenfinanzierung will er erst "am Schluss" reden. Auf die Vermögenssteuer Ja-Nein-Diskussion ließ sich auch Schelling nicht wirklich ein. Aber er deponierte die Hoffnung, dass man eine Steuerreform ausgabenseitig finanzieren wird können und nicht mit neuen Steuern.

Eine "große Herausforderung" werde es sein, 2015 den vorgegebenen Budgetpfad zu realisieren. Denn mit einem zu erwartenden Wachstum von nur einem Prozent - wie es Vizekanzler Reinhold Mitterlehner genannt hatte - gebe es ausgabenseitig "kaum oder gar keine Spielräume" mehr. Ihm sei klar, dass "ganz besonders ich als Finanzminister" aufgefordert sei, "mit dem Geld der Bürger sorgsam umzugehen". Denn "das Geld, das wir ausgeben, hat dir Bürger als Quelle".

Im ZiB2-Interview am Dienstagabend sagte Schelling auf seine eigenen Vermögensverhältnisse angesprochen, dass er "wohlhabend" sei. Ein in Medienberichten kolportiertes Vermögen von 100 Millionen Euro sei aber völlig überzogen. In Anspielung auf die von seinem Vorgänger an Millionäre verschickten Spendenbriefe sagte Schelling: "Ich habe keinen bekommen, hätte aber einen kriegen können."

"Ohne Tabus" in der Bildungspolitik

In der Bildungspolitik will der neue ÖVP-Chef Mitterlehner mögliche Reformen zuerst innerhalb der Partei und dann mit dem Koalitionspartner diskutieren - und zwar ohne "Tabus" und unter Berücksichtigung der Rechnungshofkritik an der "Neuen Mittelschule". Bisher habe man hier nämlich "Pattstellungen" gehabt, so Mitterlehner.

Äußerst pragmatisch hatte sich bereits vor dem Ministerrat die neue Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) gezeigt. Sie wollte sich nämlich nicht darauf festlegen, dass die Entlastung auf jeden Fall durch Vermögenssteuern gegenfinanziert werden muss. "Wesentlich ist eine Lohnsteuersenkung", sagte die frühere ÖGB-Vizechefin. Woher das Geld dafür komme, sei ihr "egal".

Faymann betonte diesbezüglich, man werde sich in Sachen Gegenfinanzierung nicht in tiefe Gräben eingraben. Wesentlich sei die Senkung der ungerechtfertigt hohen Steuersätze für Arbeitnehmer. Und Mitterlehner betonte, ein Steuerreformvolumen von sieben bis zehn Mrd. Euro sei schon "rein rechnerisch" nicht ausschließlich durch Vermögenssteuern zu finanzieren. Daher brauche es eine Aufgabenreform, um den nötigen Spielraum zu schaffen, und danach "eventuell" noch eine Gegenfinanzierung - aber: "Über das wird man am Schluss diskutieren, nicht am Anfang."

Misstrauensantrag abgelehnt

Der Nationalrat hat Dienstagabend erwartungsgemäß den Misstrauensantrag der Freiheitlichen gegen die gesamte Bundesregierung abgelehnt. Trotz aller Kritik verzichteten selbst die anderen Oppositionsfraktionen darauf, das gerade erst umgebildeten Kabinett sofort mit einen Vertrauensentzug zu bestrafen. (APA, 2.9.2014)