Barcelona/Graz – Aktuelle Studienergebnisse eines Forscherteams rund um Uwe Primessnig von der Abteilung für Kardiologie an der MedUni Graz deuten auf einen bisher unbekannten Mechanismus hin, der zur diastolischen Herzinsuffizienz (HI) beiträgt. "Die pharmakologische Behandlung der gestörten Kalzium-Regulation in Herzmuskelzellen ist ein neuer vielversprechender Therapieansatz bei diastolischer Herzinsuffizienz“, so Primessnig, Erstautor einer Studie, die auf dem Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona vorgestellt wurde.
An diastolischer HI leiden nach neuen Erkenntnissen bis zu 50 Prozent der HI-Patienten, vor allem ältere Menschen, Frauen und Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion. Im Gegensatz zur systolischen HI gibt es derzeit keine ausreichende und ursächliche Therapie der weniger gut erforschten diastolischen HI.
Unzureichende und gestörten Entspannung
Die Studie hat darauf abgezielt, die Ursachen der diastolischen HI als Folge einer Nierenfunktionsstörung in einem experimentellen Modell mit der für die Erkrankung typischen Beschwerden aufzuklären. Die Grazer Forscher konnten dabei den direkten Zusammenhang zwischen einer unzureichenden Entspannung ("Relaxation") des gesamten Herzens bei diastolischer HI und einer gestörten Entspannung auf der Ebene der einzelnen Herzmuskelzellen nachweisen. "Ursache der gestörten Zellfunktion ist eine Störung der zellulären Kalzium-Regulation. Wir fanden Hinweise, dass eine veränderte Aktivität eines Kalzium-Transportproteins (Natrium/Kalzium Austauscher) in der Zellmembran für den gestörten Kalziumabfluss und die diastolische Funktionsstörung in den Zellen verantwortlich sein könnte“, so Uwe Primessnig. "Durch einen pharmakologischen Wirkstoff, der auf diesen Kalzium-Transporter wirkt, ließ sich die Relaxation der Herzmuskelzellen und die diastolische Funktion des Herzens verbessern."
Stark verringerte Lebenserwartung
Nachdem frühe Stadien der HI oftmals unbemerkt bleiben, kommt es im Verlauf der Erkrankung zu einer Abnahme der Leistungsfähigkeit mit stark eingeschränkter Lebensqualität sowie einer stark verringerten Lebenserwartung. Da in den letzten Jahrzehnten vor allem die HI mit einer verringerten Auswurfleistung des Herzens ("systolische HI") im Fokus stand und hier mittlerweile gute Therapiemöglichkeiten gegeben sind, rückte zuletzt die Form der HI in den Mittelpunkt der Interesse, die eine erhaltene Auswurfleistung, aber gestörte Herzfüllung aufweist ("diastolische HI"). Dass es im Gegensatz zur systolischen HI aktuell keine ausreichende und kausale Therapie der diastolischen HI gibt, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die zugrunde liegenden zellulären und molekularen Mechanismen, die zur Entstehung der Erkrankung führen, bisher unzureichend erforscht und verstanden worden sind. (red, derStandard.at, 1.9.2014)