Klagenfurt/Krumpendorf - Ein Untreue-Prozess gegen einen früheren Prokuristen des pleite gegangenen Kärntner Finanzdienstleisters AvW sowie einen Ex-Mitarbeiter einer heute nicht mehr existenten Wiener Brokerfirma hat am Montag am Landesgericht Klagenfurt begonnen. Der Prokurist soll AvW über Manipulationen bei Wertpapiergeschäften um mehr als 1,3 Mio. Euro geschädigt haben. Beide bekannten sich nicht schuldig.

"Die Angeklagten kreierten und produzierten ein malversives Geschäftssystem, das darin bestand, aus Ver- und teilweise gleichzeitigen Ankäufen von Aktien Gewinne zu lukrieren, die in den gegenständlichen Fällen den AvW-Gesellschaften nicht zugeführt wurden, sondern teils privat vereinnahmt wurden. Verluste hingegen wurden in jedem Fall den AvW-Gesellschaften angelastet", sagte Staatsanwalt Helmut Jamnig in seinem Eröffnungsplädoyer und listete eine ganze Reihe konkreter Transaktionen aus dem Jahr 2008 auf. Die Untreuehandlungen seien in der Vielzahl der Transaktionen - das Handelsvolumen der AvW lag bei rund 50 Mio. Euro - versteckt worden, so Jamnig. Der Wiener Broker war an drei Geschäftsfällen beteiligt, in diesen ist er als Betragstäter angeklagt.

Chat-Protokolle

Jamnig stützt sich in seiner Anklage unter anderem auf vorliegende Chat-Protokolle des Ex-Prokuristen. In der Korrespondenz mit dem Broker - laut Jamnig "in der Wortwahl sehr eigenartig" - finde sich "eindeutige Kommunikation", die inhaltlich auch betragsmäßig zu den Malversationen passen würde. Jamnig: "Die Mitteilungen haben zu solchen realen Geschäften Bezug, aus denen man persönlichen Vorteil zog und Schaden zulasten der AvW anrichtete." Der Staatsanwalt sah in ihnen den Beweis, dass "die Vorgänge geplant waren und in Bereicherungsabsicht erfolgten." Zu finden sind in den Protokollen Aussagen wie "... war eine Nachspeise heute" oder "6.300 pro nose ist ja nicht schlecht".

Der Ex-Prokurist sagte, er stehe dazu, die Geschäfte getätigt zu haben. Eine Bereicherungs- oder wissentliche Schädigungsabsicht bestritt er allerdings. Der 45-Jährige habe bei AvW weitgehend freie Hand im Wertpapier- und Derivatgeschäft gehabt. "Ich kann aus dem langen Plädoyer der Anklage nicht einen Beweis herausnehmen", sagte sein Verteidiger, Anton Gradischnig. Peter Philipp, der Anwalt des 42-jährigen Brokers, kündigte an, auch sein Mandant werde sich nicht schuldig bekennen. Philipp kritisierte die Anklage als angeblich schlecht verständlich. Er sei trotz 40-jähriger Erfahrung als Anwalt "erst nach 20, 30 Stunden draufgekommen, worum es geht". Er betonte, dass seinem Mandanten nur ein Beitrag in drei Fällen zur Last gelegt werde.

Für den Nachmittag waren die Einvernahmen der Beschuldigten geplant. Mit einem Urteil war am Montag nicht zu rechnen, die Verhandlung wird am Dienstag fortgesetzt. Für den Prozess wurde der verurteilte, frühere AvW-Boss, Wolfgang Auer-Welsbach in die Justizanstalt Klagenfurt überstellt. Seine Einvernahme dürfte am Dienstag stattfinden. (APA, 1.9.2014)