Die europäische und damit auch die österreichische Wirtschaft kommen nicht in Schwung. Nach einem schwachen zweiten Quartal hat die Österreichische Nationalbank ihre Prognose für das laufende Jahr um 0,7 Prozentpunkte auf 0,9 Prozent gesenkt.

Aller Voraussicht nach werden Ende September auch Wifo und IHS die Aussichten nach unten revidieren. Dementsprechend unerfreulich ist die Lage am Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosigkeit ist im Sommer weiter gestiegen. Ende August waren 355.643 Personen ohne Job, um 10,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition stieg um 0,7 Prozentpunkte auf 7,6 Prozent. Rechnet man die Personen in Schulungen hinzu, steigt die Arbeitslosenrate auf 9,1 Prozent.

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Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen legte um 11,1 Prozent auf 292.321 zu, bei den Schulungsteilnehmern des AMS war der Anstieg um 5,5 Prozent auf 63.322 geringer. Allerdings stieg auch die Zahl der unselbstständig Beschäftigten um 0,7 Prozent auf rund 3.477.000 an. Mit einer schnellen Erholung rechnet Wifo-Experte Thomas Horvath nicht. Im Laufe des kommenden Jahres rechnet man beim Wifo mit einer Stagnation, denn erst bei einem Wachstum von zwei Prozent sei mit einer Entlastung am Arbeitsmarkt zu rechnen.

Stabil im internationalen Vergleich

Trotz der angespannten Wirtschaftslage ist die Situation am österreichischen Arbeitsmarkt im internationalen Vergleich verhältnismäßig stabil. Die Arbeitslosenquote nach internationalen Maßstäben bleibt laut Eurostat bei 4,9 Prozent. Damit liegt Österreich weiterhin gleichauf mit Deutschland in der Europäischen Union. Die Jugendarbeitslosenquote liegt demnach bei 9,3 Prozent; hier liegt nur Deutschland mit 7,8 Prozent besser. Wobei Deutschland eben vermeldet, in diesem Jahr erneut auf einen Haushaltsüberschuss zuzusteuern – auch dank der "günstigen Beschäftigungslage", wie es heißt. Deutschland profitiere von einer stärkeren Inlandsnachfrage, getragen auch vom jüngsten Immobilienboom, sagt Horvath. Darüber hinaus würde dort das Arbeitskräfteangebot weniger stark wachsen, auch weil die Zuwanderung proportional nicht so stark sei wie hierzulande.

Ruf nach Steuerentlastung

In Österreich fordert indes Minister Rudolf Hundstorfer einmal mehr "zusätzliche Impulse wie eine deutlich spürbare Steuerentlastung zur Steigerung der Kaufkraft". Auf die Erholung der Konjunktur zu hoffen sei tatsächlich zu wenig, sagt auch Wifo-Experte Horvath und schlägt in die nämliche Kerbe. Steuerreform, um die Inlandsnachfrage zu stärken und mit Bedacht auf die Einhaltung der Budgetziele entsprechende Stimuli zu setzen: "Wir haben gerade gehört, dass Wien wächst. Hier sollte man etwa Baupotenziale heben."

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Eine günstige Entwicklung gibt es auch: Ende August 2014 verzeichnet der österreichische Arbeitsmarkt gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreswert voraussichtlich 24.000 zusätzliche Arbeitsplätze.

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In Summe sei dieser Zuwachs auf Personen ab 50 zurückzuführen, so Hundstorfer. In dieser Altersgruppe beträgt das Beschäftigungsplus sogar 34.000. Gerade bei den Älteren liegt allerdings auch weiterhin ein großer Problembereich: Die Arbeitslosigkeit ist bei Personen ab 50 Jahren (+15,8 Prozent) und gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitssuchenden (+17,6 Prozent) überdurchschnittlich gestiegen. Sie haben es angesichts der steigenden Konkurrenz überdurchschnittlich schwer, nach dem Verlust des Arbeitsplatzes wieder eine neue Stelle zu finden. Bereits jeder fünfte Arbeitssuchende hat gesundheitliche Vermittlungseinschränkungen, und jede vierte vorgemerkte Person ist älter als 50 Jahre.

Entspannung bei den Jüngeren

Etwas Entspannung gab es dagegen bei den Jüngeren: Die Zahl der 15- bis 24-jährigen Vorgemerkten stieg mit 5,7 Prozent deutlich geringer als der Durchschnitt. Bei den 15- bis 19-Jährigen war die Arbeitslosigkeit mit einem Minus von drei Prozent sogar rückläufig. Insgesamt waren bei Jugendlichen 43.623 Personen arbeitslos vorgemerkt. Ende August lag die Zahl der Lehrstellensuchenden österreichweit um 1,9 Prozent unter dem Vorjahr, der Bestand an gemeldeten offenen Lehrstellen um 0,5 Prozent darüber.

Was die Branchen betrifft, so ging besonders in Produktionsberufen die Nachfrage nach Arbeitskräften zurück, während bei höherwertigen Dienstleistungen die offenen Stellen tendenziell ansteigend sind. Gesucht werden etwa Maschinenbautechniker (+24,2 Prozent) und Buchhalter (+12,9 Prozent).

"Es muss endlich gehandelt werden", fordert Rudolf Kaske, Präsident der Arbeiterkammer, angesichts der weiter steigenden Arbeitslosenzahlen in einer Aussendung: "Menschen ohne Berufsausbildung, Personen mit gesundheitlichen Problemen und Ältere sind die Hauptleidtragenden. Viele von ihnen müssen sich auf eine länger dauernde Arbeitslosigkeit einstellen." Als Maßnahmenpaket verweist er erneut auf ein Bonus-Malus-System, wie im Regierungsübereinkommen vorgesehen sei. Zusätzlich bräuchte es verstärkte Akzente in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Hervorzuheben sei auch der Ausbau der Arbeitsvermittlung: Durch mehr Berater für die steigende Zahl der Arbeitslosen soll die Beratungsqualität verbessert werden. (red, derStandard.at, 1.9.2014)