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Nach den Piloten bei Germanwings wollen nun auch die deutschen Lokführer streiken.

Foto: Reuters/Arnd Wiegmann

Berlin - Im festgefahrenen Tarifstreit bei der Deutschen Bahn (DB) ist trotz eines neuen Angebots des Unternehmens keinerlei Bewegung in Sicht. Die Lokführergewerkschaft GDL kündigte am Montag einen dreistündigen Warnstreik in den Abendstunden an, der vor allem den Güterverkehr treffen sollte. Die Deutsche Bahn reagierte mit Unverständnis und warf der Gewerkschaft "widersprüchliche" Angaben vor.

Die ÖBB erklärte auf APA-Anfrage, nach derzeitigem Informationsstand würden im heimischen Zugsverkehr keine Verzögerungen durch den Streik erwartet. Welche Züge genau bestreikt werden ist offenbar noch nicht fix.

Machtkampf

Im Tarifstreit geht es nicht nur um höhere Löhne, sondern vor allem um einen Machtkampf zwischen der GDL und der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Sie streiten darum, wer für welche Mitarbeitergruppe die Verhandlungen führen darf. Nachdem eine bisher bestehende Übereinkunft ausgelaufen war, wollen beide Gewerkschaften nun jeweils das gesamte Personal vertreten.

Deutsche Bahn-Personalchef Ulrich Weber bekräftigte am Montag, Ziel der DB bleibe es, eine Kooperationsabrede mit beiden Gewerkschaften zu vereinbaren. So wolle die Bahn konkurrierende Tarifverträge vermeiden. Das neue Angebot der DB beinhaltet demnach die Bereitschaft, über alle Tarifforderungen der GDL zu verhandeln. Die Gewerkschaft fordert fünf Prozent mehr Lohn; bisher hatte die Bahn eine Übergangsregelung vorgeschlagen: Sie wollte den rund 20.000 Lokführern einmalig 350 Euro im zweiten Halbjahr zahlen.

Streik zwischen 18.00 und 21.00 Uhr

GDL-Chef Claus Weselsky nannte den Streit um die Kooperationsvereinbarung als Grund für den Aufruf zum Warnstreik. Die DB wolle die GDL in die "tarifpolitische Zwangsjacke" stecken, erklärte er in Frankfurt am Main. Eine Unterschrift unter eine Kooperationsvereinbarung "wäre die Selbstaufgabe aller bisher mühsam erreichten Rechte".

Aufgerufen, die Arbeit von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr niederzulegen, seien alle Lokführer, Lokrangierführer und Zugbegleiter der Bahn, erklärte die GDL. Mit der gewählten Streikzeit berücksichtige die Gewerkschaft die vielen Wochenendreisenden und Pendler.

Die Deutsche Bahn rechnete dagegen mit Beeinträchtigungen im Personenverkehr. Möglicherweise müssten viele Berufspendler und Fernreisende unter Verspätungen und Ausfällen in den Abendstunden leiden, teilte das Unternehmen mit. Eine gezielte Information der Fahrgäste sei wegen der "vagen und widersprüchlichen Informationen" der Lokführergewerkschaft GDL nicht möglich.

Kostenlose Ticket-Erstattung

Vom Streik betroffene Kunden der DB könnten ihre Fahrkarte und Reservierung in den Reisezentren oder DB Agenturen kostenlos erstatten lassen, erklärte die Deutsche Bahn. Sie könnten auch den nächsten - auch höherwertigen - Zug nutzen. Bei zuggebundenen Angeboten wird dann die Zugbindung aufgehoben. Zudem zahlt die Bahn für Verspätungen Entschädigung: Kommt ein Fahrgast mindestens eine Stunde zu spät am Ziel an, muss sie ihm 25 Prozent des Fahrpreises erstatten. Bei zwei Stunden Verspätung sind es 50 Prozent.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte angesichts der Streiks im Bahn- und im Flugverkehr eine gesetzliche Regelung zur Wiederherstellung der Tarifeinheit. Er erwarte ein Gesetz noch in diesem Jahr, sagte er der "Welt" vom Montag. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Oliver Zander, sagte der Zeitung, wenn jederzeit eine Minderheit den gesamten Betrieb lahmlegen könne, dann sei das gesamtes System der Flächentarife bald hinfällig.

Der Grundsatz der Tarifeinheit regelt, dass in Firmen im Normalfall nur ein Tarifvertrag gilt. Dieser Grundsatz musste 2010 aufgegeben werden, nachdem er in Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes für unvereinbar mit Gesetz und Verfassung befunden wurde. Seitdem können in Unternehmen mehrere Tarifverträge nebeneinander bestehen. Die Große Koalition hat vereinbart, eine gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit zu finden. Ein Eckpunktepapier soll nach der Sommerpause im Kabinett beraten werden - ein erster Termin dafür im Juli war wegen Kritik unter anderem der IG Metall verschoben worden. (APA, 1.9.2014)