Markus Wallner auf Wahlkampftour, hier im Montafon: Frust über die Bundespolitik sei deutlich zu spüren, aber auch die Hoffnung auf Bewegung durch den Personalwechsel.

Foto: Stiplovsek

STANDARD: Mit Hans Jörg Schelling ist ein Vorarlberger Finanzminister. Erwarten Sie sich dadurch bessere Zusammenarbeit?

Wallner: Ich kenne den neuen Finanzminister als kompetenten und robusten Verhandler. Das sind wichtige Voraussetzungen, wenn man bedenkt, was auf ihn zukommt. Dass er Vorarlberger Wurzeln hat, kann sich gerade im Finanzministerium als vorteilhaft erweisen. Vorarlberg wird ein verlässlicher Partner für einen vernünftigen Finanzkurs bleiben.

STANDARD: Was soll der neue Finanzminister zuerst angehen?

Wallner: Er hat große Aufgaben, das weiß er auch ohne Zuruf: Die Stabilisierung des Finanzhaushaltes, die ist in letzter Zeit etwas in den Hintergrund getreten. Gleichzeitig die alles entscheidende Frage: Wie geht man mit der Steuerreform weiter um? Dazu kommen der Finanzausgleich mit den Ländern und der dringend notwendige Abbau von Bürokratie.

STANDAD: Belastet die bundespolitische Situation Ihren Wahlkampf?

Wallner: Es ist eine Berg-und-Tal-Fahrt, um es einmal so zu beschreiben. Der Wahlkampf hat mit ordentlicher Missstimmung gegen die Bundesregierung begonnen. Da war viel Frust, viel Unzufriedenheit spürbar. Durch den Personalwechsel haben wir eine neue Situation. Die Leute haben wieder das Gefühl, dass sich was bewegt. Ich will das nicht überschäumend kommentieren, die Vorarlberger brechen ja, wie man weiß, selten in Euphoriestürme aus.

Standard: Die Vorarlberger ÖVP hält Distanz zur Bundespartei. Was soll sich in der ÖVP ändern?

Wallner: Wir brauchen jetzt keinen Selbstfindungskurs, sondern einen Obmann, der die Dinge entschlossen in die Hand nimmt. Der dem Regierungspartner gegenüber klar formuliert. In der Regierung stehen große Aufgaben an. Darauf sollte man sich konzentrieren. Dass intern einiges zu besprechen ist, – inhaltliche Positionen, Fragen der Zusammenarbeit -, ist seit längerem klar. Jetzt ist aber nicht die Zeit dafür. Wenn das Haus brennt, muss man löschen.

STANDARD: Braucht die ÖVP neue Strukturen?

Wallner: Ich will mich jetzt nicht auf ÖVP-Analysen einlassen. Die Regierung muss jetzt handlungsfähig bleiben, der neue Obmann hat von uns einen Vertrauensvorschuss bekommen. Wir waren in einer durchaus ernsten Situation, jetzt soll er das Vertrauen nützen.

STANDARD: Wer soll in erster Linie von der Steuerreform profitieren?

Wallner: Es gibt eine Einigung über die Senkung des Eingangssteuersatzes auf etwa 25 Prozent. Das finde ich richtig. Ein Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent ist einfach zu hoch. Die Senkung könnte eine Erleichterung für die Bevölkerung bringen und auch Wirkung auf das Wachstum haben, den Konsum ankurbeln. Diskutieren muss man auch die Lohnnebenkosten. Ich würde mir auch eine Entlastung der Familien wünschen, das wäre das richtige Signal.

STANDARD: Laut Armutskonferenz braucht eine Vorarlberger Familie mit drei Kindern 3659 Euro monatlich zum Leben. Zur Verfügung stehen ihr 3729 Euro. Wie wollen Sie diese Familie vor Armut bewahren?

Wallner: Das größte Armutsrisiko heißt Jobverlust. Das heißt in der Armutsprävention: Volle Kraft auf Beschäftigung. Das zweite große Risiko ist schlechte Qualifikation. Wir müssen Schulabbrecherquoten senken, uns stark auf die Ausbildung konzentrieren. Und natürlich ein dichtes soziales Netz knüpfen. Damit Menschen rasch aus der Armut herausfinden.

STANDARD: Vorarlberg hat Miet- und Bodenpreise auf Großstadtniveau. Was tun Sie gegen die Immobilienspekulation?

Wallner: Wir brauchen in der Raumplanung eine langfristige Strategie, die wir im Herbst im Landtag intensiv diskutieren werden. Das ist so mit den anderen Fraktionen besprochen worden. Ein Ansatz ist aktive Bodenpolitik in den Gemeinden, um Grundstücksreserven zu schaffen.

STANDARD: Sind Wohnbeihilfen, mit denen man hohe Mieten stützt, noch sinnvoll?

Wallner: Die Wohnbeihilfe hat bereits ein Volumen von 30 Millionen Euro jährlich. Sie ist eine ganz wichtige Hilfestellung um sich Wohnen leisten zu können. Ins Unendliche steigern kann man sie aber nicht. Sie ist alternativlos. Ich muss doch die Familie, die sich eine Miete nicht leisten kann, unterstützen.

STANDARD: Das ist die erste Landtagswahl für Sie als Landeshauptmann. Sind Sie nervös?

Wallner: Nervös wäre was anderes, aber es berührt. Man steht ja auf dem Prüfstand. Schauen wir mal, was rauskommt.

STANDARD: Laut Umfragen der Verlust der Absoluten.

Wallner: Absolute Mehrheiten sind alles andere als selbstverständlich. Von Umfragen lasse ich mir aber nicht den Tag verderben, weil sie meistens danebengelegen sind. Die Wahl entscheiden weder Umfrageinstitute noch die Medien, sondern die Wählerinnen und Wähler.

STANDARD: Grün, Pink, Rot, Blau, welche Farbe gefällt Ihnen denn am besten?

Wallner: Farbfestlegungen sind im Wahlkampf ganz besonders schwierig, sie werden einem gerne falsch ausgelegt. Diese Frage werde ich einige Tage nach der Wahl beantworten.

STANDARD: Voraussichtlich wird die FPÖ zweitstärkste Partei. Würde sie als Partner akzeptiert?

Wallner: Ich lege mich in keine Richtung fest. Im Moment warnen ja die einen vor Schwarz-Grün, die anderen warnen vor Schwarz-Blau. Deshalb schlage ich vor, die ÖVP und den Landeshauptmann zu wählen, da ist man am besten aufgehoben. Mich wundert schon, dass die Opposition bereits jetzt über die Verteilung von Regierungsposten nachdenkt. Demut vor dem Wähler wäre angesagt.

STANDARD: Zur Causa prima des Wahlkampfs: Hat die ÖVP Gartenzwerge der SPÖ geklaut?

Wallner: Nein. Manche fragen sich ja auch schon, ob die Diebstahlgeschichte erfunden wurde. In einer internationalen Zeitung stand: "Europa lacht über Vorarlberg." Das habe ich nicht lustig gefunden. Wir sind ein hochmodernes Export- und Tourismusland, kein Land der Gartenzwerge. (Jutta Berger, DER STANDARD, 1.9.2014)