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Der Handball liegt in Vorarlberg ganz und gar nicht am Boden. Kresimir Kozina (links) will mit dem regierenden Meister Hard den vierten Titel in Serie holen.

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Thomas Huemer, Hards Sportchef.

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Wien/Hard - Vorarlberg ist anders als der Rest von Österreich. Es wird anders gewählt, anders gesprochen, der Fußball existiert zwar schon auch, die großen Erfolge fehlen. Im Handball, da werden aber hinter dem Arlberg rauschende Feste gefeiert. Und das schon eine ganze Weile lang.

Seit mehr als einer Dekade dominiert Vorarlberg die Handballliga Austria (HLA), Bregenz holte sich zwischen 2001 und 2010 neunmal den Titel, der HC Hard gewann die Meisterschaft viermal - 2003 und zuletzt dreimal in Folge. Nur die Fivers aus Wien-Margareten unterbrachen den Reigen 2011. Auch heuer wird der Titel wieder über das Ländle führen.

Thomas Huemer, Hards sportlicher Leiter, will kein Phänomen erkennen, spricht von "einer Handballtradition im Dreiländereck. Früher wurde hier die Bodensee-Liga gespielt. Es gibt auch weniger Angebote als in der Großstadt. Man findet bei uns leicht den Weg in die Handballhalle." Hard hat 13.000 Einwohner, und denen möchte man etwas bieten. "Dass die Leute nach einem Spiel gleich heimgehen, ist quasi ausgeschlossen. Das gesellschaftliche Rundherum rennt bis in die Nacht. Die Jungen feiern, die Älteren gehen in unsere Weinbar. Handballspiele sind ein Treffpunkt."

Unterstützung auf allen Ebenen

3000 Zuschauer kamen im Schnitt zu den Finalspielen in der vergangenen Saison gegen die Fivers. Diese Zahlen hätte so mancher Fußballbundesligist gerne. Die starke Rheintal-Wirtschaft sponsert, Hard hat ein Saisonbudget von etwa 850.000 Euro. Auch der politische Rückhalt im schwarzen Ländle passt. Großen Anteil an der Bregenzer Dominanz hatte Sportdirektor Roland Frühstück. Er ist mittlerweile ÖVP-Klubobmann im Vorarlberger Landtag. "Wir sind finanziell in einer glücklichen Lage, es gibt ein Gefälle zwischen West und Ost. Aber dafür sind die Preise hier auch höher."

Fad soll die am Samstag startende neue Saison nicht werden, auch wenn Hard den vierten Titel in Folge anpeilt. Zunächst ist ein Auftaktsieg am Dienstag in Schwaz vorgesehen. Die Liga will sich weiter professionalisieren, dazu soll der neue HLA-Präsident Boris Nemsic beitragen. Das Engagement des langjährigen Chefs der Telekom Austria hat der langjährige Nationalspieler Konrad Wilczynski eingefädelt.

"Wilczynski ist nicht nur ein Meister des Handballs, sondern auch einer der Überredungskunst", sagt Nemsic, der in seiner Jugend selbst aktiv war. "Als mittelmäßiger Tormann habe ich mir schnelle Reaktionen und einen harten Schädel für mein späteres Berufsleben angeeignet." Thomas Huemer ist nicht blauäugig, will sich überraschen lassen vom neuen Präsidenten. "Er wird nicht mit den Fingern schnippen, und schon hat die Liga adäquate Sponsoren. Das Produkt muss passen." Mit dem Produkt meint er eine Meisterschaft auf höherem Niveau - bis in die Niederungen der Tabelle.

Exportland

Österreich bleibt ein Exportland, in der deutschen Handballliga spielen acht Legionäre. Eine Expansion in Hard ist für Huemer ausgeschlossen. "Was bringt es uns, wenn wir zwei Topstars holen, die Liga zertrümmern und hoffen, in die Champions League reinzurutschen? Ist es sinnvoll, was Hypo Niederösterreich bei den Damen veranstaltet?" Die Südstädterinnen dominieren (zerstören) seit Jahrzehnten die heimische Meisterschaft.

Champions League, das riecht nach Euromillionen. Die Geldtöpfe versiegen aber nur im Fußball nie. Hard trifft in der Qualifikation auf Porto, auf den Sieger des Duells wartet der ukrainische Meister Saporoschje. "Finanziell ist die Champions League für uns ein Minusgeschäft. Wir bekommen 20 Adidas-Bälle dafür."

Reich werden können auch die Spieler in Österreich mit Handball nicht. An der Spitze kann man vom Sport leben, viele studieren oder arbeiten aber nebenbei. Auch Nationalspieler Roland Schlinger, der nach vier Jahren beim deutschen Bundesligisten Balingen nach Österreich (Hard) heimgekehrt ist, hat natürlich nicht ausgesorgt. Er will sein Jus-Studium bald beenden. "Ich habe mir bereits als Zwanzigjähriger kleinere Summen weggelegt, sanieren kannst du dich mit Handball aber nicht", sagt der 31-Jährige.

Ein grobes Problem der Liga bleibt die Fernsehuntauglichkeit der Hallen. Huemer: "Das Turnhallenflair ist ausgereizt. Einen Fußballplatz kann man schnell irgendwo hinbauen. Wir brauchen moderne Hallen. Und wir dürfen uns nicht mehr als Randsportart bezeichnen. Wir haben ein tolles Nationalteam, das 2015 zur WM nach Katar fährt. Das muss man betonen." (Florian Vetter, DER STANDARD, 30./31. August)