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Prorussische Separatisten beim zerstörten Kriegerdenkmal Savur-Mohyla in der Nähe von Donezk, Ostukraine.

Foto: Reuters / Maxim Shemetov

Es waren harte, sehr bewusst gewählte Worte, die der Generalsekretär der Nato, Anders Fogh Rasmussen, am Freitag in Brüssel im Anschluss an ein Treffen auf Nato-Botschafterebene in der Ukraine-Kommission für das Verhalten Russlands fand. "Wir haben es mit einer russischen Aggression zu tun. Entgegen allen hohlen Beteuerungen steht nun fest, dass russische Truppen und Ausrüstung illegal die Grenzen im Osten und Südosten der Ukraine überschritten haben", begann er seine Ausführungen. "Russische Truppen greifen in die Kämpfe ein." Panzer, Artillerie, Raketenwerfer russischen Ursprungs kämen zum Einsatz, "Russland hat sowohl in der Ukraine gefeuert als auch von außen in die Ukraine hinein." Das Vorgehen Moskaus sei eine "eklatante Verletzung der Souveränität der Ukraine" und auch "kein singulärer Akt, sondern Teil eines über Monate gehenden Verhaltensmusters", um das Land zu destabilisieren.

Die Nato verlange einen sofortigen Stopp dieses Vorgehens, sagte Rasmussen. Der Ukraine gelte "unsere starke Solidarität", die auch darin zum Ausdruck komme, dass der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nächste Woche am Nato-Gipfel in Wales teilnehmen werde.

"Ohne Einflussnahme von außen"

Gefragt, ob die Allianz dem Wunsch nach Beitritt der Ukraine, wie ihn Premierminister Arsenij Jazenjuk am Vormittag in Kiew erklärt hatte, nachkommen werde, antwortete er diplomatisch. Eine (positive) prinzipielle Entscheidung dazu habe die Nato bereits 2008 getroffen. Das Land habe dann eine andere sicherheitspolitische Linie gewählt. Sollte sich das ändern, gelte der Grundsatz des Bündnisses, dass "jedes Land das Recht hat, selbst darüber zu entscheiden, ohne Einflussnahme von außen". Der Hintergrund ist aber, dass die Allianz sich damals gegen eine Aufnahme der Ukraine entschieden hat, obwohl die USA eine solche unterstützten.

Als Signal, dass das Bündnis nach der jüngsten Eskalation beabsichtigt, eine Aufnahmediskussion bezüglich der Ukraine - oder auch bezüglich Georgiens, des anderen Kandidaten der Region - zu beginnen, kann das aber nicht gewertet werden, erklären Nato-Vertreter dazu. Ein militärisches Eingreifen sei ebenso auszuschließen.

Was das Bündnis vor dem Nato-Gipfel beschäftigt, ist, wie es in den Beziehungen zu Russland weitergehen soll. Man stehe zwei Jahrzehnte nach dem Zerfall der Sowjetunion und nach einer langen Phase der Kooperation mit Moskau an einer "Zeitenwende", die alles infrage stelle, was man seit 1991 aufgebaut habe, heißt es. Ein Teil der Mitglieder tritt inzwischen offen für einen Abbruch der Beziehungen ein; für ein Aufkündigen der Nato-Russland-Akte von 1997 und 2002.

Gemeinsamer Rat auf höchster Ebene

Damals hatten die beiden Ex-Feinde das Ende des Kalten Krieges festgeschrieben, einen gemeinsamen Rat auf höchster Ebene geschaffen und umfangreiche Kooperation gepflegt. Mit der Georgien-Krise 2008 wurde dies auf eine erste Probe gestellt. Seit der Ukraine-Krise liegt der Nato-Russland-Rat auf Eis, wobei die Tür für diplomatische Konsultationen offen blieb. Nun wird hinter vorgehaltener Hand darüber diskutiert, ob auch diese Verbindung gekappt wird.

Beim Nato-Gipfel in Wales wird es dazu keine Entscheidung geben - so wie auch andere Vorhaben nicht abgeschlossen werden können, wie der Vertrag zum Abzug der Isaf-Truppen aus Afghanistan. Man muss warten, bis ein gewählter Präsident in Kabul bestätigt wird. Aber es dürfte - neben sehr begrenzter Hilfe für Kiew - ein "altes Thema" aufkommen: wie die Allianz Osteuropa vor einem russischen Angriff schützt.