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Hans Jörg Schelling soll Wächter über Österreichs Staatssäckel werden.

FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH

Mit Hans Jörg Schelling hat der neue VP-Chef Reinhold Mitterlehner die wahrscheinlich beste Wahl für das Amt des Finanzministers getroffen. Schelling ist weder Budgetexperte noch Vertreter des politischen Apparats. Aber er besitzt genau jene Mischung aus Fachwissen und politischer Erfahrung, die dieser Job benötigt.

Schelling war Marketingexperte und Möbelmanager mit Wirtschaftskammererfahrung, als er 2009 zum Vorsitzenden des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger wurde.

Gesundheits- und Sozialpolitik waren damals nicht sein Kerngebiet. In kurzer Zeit arbeitete er sich in das Gebiet ein, entwickelte sich viel mehr als seine Vorgänger zum wichtigsten Sprecher des Krankenkassensektors, managte dessen finanzielle Sanierung und war an den doch recht erfolgreichen Verhandlungen über die Gesundheitsreform entscheidend beteiligt.

Blößen seiner Vorgänger vermeiden

Die Chancen sind gut, dass ihm das auch im Finanzministerium gelingen wird. Die fachlichen Blößen, die sich seine Vorgänger Michael Spindelegger und Maria Fekter immer wieder gegeben haben, wird er leicht vermeiden können. Dazu ist er zu sehr Zahlenmensch. Und auch auf der europäischen Ebene dürfte der frühere Spitzenmanager Schelling eine ordentliche Figur machen.

Ist Schelling Politiker genug, um in diesem zentralen Regierungsjob zu reüssieren? Er ist zwar in der ÖVP weniger verankert als andere. Aber einer, der mit Gesundheitslandesräten, der Ärztekammer und dem Gesundheitsministerium pragmatische Lösungen findet, hat politisches Geschick bereits bewiesen.

Absage an Bündeproporz

Mit der Wahl hat Mitterlehner auch demonstriert, dass er sich seine engsten Mitarbeiter nicht von anderen aufzwingen lässt, vor allem nicht vom ÖAAB, der durch den Wechsel an der Parteispitze einiges an Macht eingebüßt hat. Nicht Bündeproporz, sondern Kompetenz war offenbar das wichtigste Kriterium.

Und dennoch: Dass der gebürtige Vorarlberger Schelling seine politische Heimat in der niederösterreichischen VP hat, war sicher kein Nachteil. Mitterlehner braucht Erwin Pröll nicht als Freund. Aber wenn die Niederösterreicher das Gefühl haben, dass sie bei der Rochade nicht zu kurz kommen, hilft das sicher, den Burgfrieden in der zerstrittenen Partei zu bewahren. (Eric Frey, derStandard.at, 30.8.2014)