Der neue ÖVP-Obmann Mitterlehner dürfte sich mit den Bünden, dem ÖAAB, West- und Ostachse und St. Pölten verständigt haben: Hans Jörg Schelling wird allem Anschein nach – vorbehaltlich der Zustimmung der Gremien – der neue Finanzminister, und Harald Mahrer soll als Staatssekretär in das Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium wechseln.

Schelling wäre keine schlechte Wahl. Als Hauptverbandschef hat er die Krankenkassen saniert und damit gezeigt, dass er mit defizitären Bereichen gut umgehen kann. Auf die Frage, wie er das geschafft hatte, meinte er in einem Interview: "Ganz einfach: Meine Ausgaben müssen unter den Einnahmen liegen."

Nach Spindelegger, Fekter, Pröll, Molterer und Grasser säße mit dem studierten Betriebswirt, der lange Jahre an der Spitze des größten österreichischen Möbelhauses arbeitete, wieder ein Mann mit mehr praktischer Management-Erfahrung im Finanzministerium. Dass er sich allein auf das Amt konzentrieren kann und nicht nebenbei durch das Vizekanzleramt und Obmanndebatten abgelenkt wird, ist sicher eine gute Voraussetzung für diesen wichtigen Job. Dem in Vorarlberg geborenen Schnauzbartträger mangelt es nicht an Selbstvertrauen. Auch das unterscheidet ihn von Spindelegger.

Aktuell arbeitet Schelling noch als oberster Kontrollor der verschuldeten ÖVAG, eine Unvereinbarkeit mit seinem möglichen neuen Job im Finanzministerium. Die Erfahrungen, die er dabei gesammelt hat, könnte er aber für Hypo & Co. gut gebrauchen.

Mahrer ist vermutlich als Signal Mitterlehners zur Bereitschaft der Erneuerung und Öffnung der ÖVP geplant. Der 41-Jährige hat schon an den Reformplänen der Partei mitgearbeitet, was im aktuellen Kommentar der anderen nachzulesen ist – hier finden sich vorläufig allerdings großteils nur Worthülsen. Dass es nun im Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium einen weiteren Posten gibt, könnte theoretisch als Aufwertung der Wissenschaft gesehen werden. Ob Mahrers Erfahrung als ÖH-Chef der WU und seine Arbeit als Assistent des Rektors und Forschungsassistent ausreicht, wird sich zeigen.

Die Köpfe sind nun also gefunden. Wenn die ÖVP bei Steuerreform, Bildungsreform oder Verwaltungsreform nicht rasch Bewegung zeigt, wenn aus der Evolution keine Revolution wird, dann wird auch das beste Personal nichts bringen. PR-Maßnahmen werden nicht ausreichen, um aus dem inhaltlichen Dilemma der Volkspartei herauszukommen. (Rainer Schüller, derStandard.at, 29.8.2014)