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Michael Spindelegger.

Foto: APA/epa/Schlager

Recherche ist gelegentlich auch ein wenig Glückssache. Ginge es nach dem "Kurier", die Volkspartei hätte kein Personalproblem. Spindelegger, wer sonst? ÖVP-Chef sitzt vorerst noch fest im Sattel. So lautete der Titel über der Kolumne Politik von Innen, die den Leserinnen und Lesern des Blattes Zugang zu besonders erlesenen Quellen vorgaukeln soll - und das am selben Dienstag, an dem Spindelegger, wer sonst? aus dem Sattel stieg.

"Spindeleggers Tage als ÖVP-Chef gezählt?" "Spindelegger vor dem Aus?" Derlei Schlagzeilen in Boulevardmedien erzürnen gegenwärtig die ÖVP-Spitze. Gern bereit, sich zum Werkzeug dieses Zorns zu machen - man ist ja schließlich kein Boulevardmedium -, ging der "Kurier" ÖVP inside: Ganz so ernst ist die Lage tatsächlich (noch) nicht, wie "Kurier" -Recherchen ergaben. Vorerst sitzt Michael Spindelegger weiter fest im Sattel - trotz Kritik diverser Länderchefs. Die eigentlich gar keine war, glaubte man dem Umfeld des Vizekanzlers namens Reinhold Lopatka. Die Länderchefs hätten nicht Spindelegger persönlich, sondern die Bundesregierung kritisiert. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka meint gar, die Länderchefs seien medial missinterpretiert worden. "Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mir gesagt, dass er nie auch nur ansatzweise Kritik am Bundesobmann geübt hat." Heute wird Lopatka bedauern, dass er diese Information seinem Bundesobmann nicht weitergegeben hat, er könnte sich noch immer an ihm erquicken.

Aus dem Umfeld des Vizekanzlers verlagerte der "Kurier" dann seine Recherchen zwecks Beruhigung der erzürnten ÖVP-Spitze ins schwarze Theater. Hinter den Kulissen hört sich die Interpretation ein bisschen anders an. Ein Regierungsmitglied: "Im Moment ist das noch nicht mehr als ein Sommertheater. Im Sommer werden die Landeshauptleute von den Zeitungen interviewt. Die von der ÖVP reiben sich nach wie vor am liebsten an der Regierung und der Parteiführung in Wien. Zudem gibt es auch keine wirkliche Alternative zu Spindelegger.

Da wurde es ein bisschen kränkend für Reinhold Mitterlehner. Vom "Kurier" nicht einmal als wirkliche Alternative zu Spindelegger eingeschätzt zu werden, baut nicht auf. Dem fiel auf Anhieb nur Andrä Rupprechter (Agrarminister) ein, aber auch nicht als wirkliche Alternative. Der hat nicht einmal die eigene Basis, den Bauernbund, voll hinter sich. Und alle anderen kolportierten Lösungen sind unrealistisch.

Schade, dass die ÖVP ihren Neustart mit einer unrealistischen Lösung als Parteiobmann vollziehen muss. Dabei hätte Spindelegger, ginge es nach "Kurier"-Recherchen, noch ein langes Leben als ÖVP-Chef vor sich haben können. Als "Säbelrasseln", das auf die bevorstehenden Landtagswahlen zurückzuführen sei, werden im Wirtschaftsbund, wo der "Kurier" in bewährter Gründlichkeit auch recherchiert hat, die Unmutsäußerungen der Ländervertreter bezeichnet.

Als Beweis für das bloße "Säbelrasseln" gegen Spindelegger erinnerte der "Kurier": Der ÖVP-Frontmann konterte vergangene Woche, die Betroffenen mögen "vor der eigenen Tür kehren", und nicht nur das. Die Alternativen zu Spindelegger sind ohnedies überschaubar - auch wenn Tirols Günther Platter das Gegenteil behauptet und - erneut - Minister Rupprechter ins Obmann-Nachfolge-Spiel bringt. Leider vergeblich, wie man inzwischen auch aus dem "Kurier" weiß. Rupprechter ist vielen Schwarzen "zu unberechenbar". Hochrangige ÖVP-ler titulieren ihn als "abgezogene Handgranate".

Wenn sich Mitterlehner nun nur nicht als Blindgänger erweist! Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ist in der Partei detto nicht ganz unumstritten. Er dürfte inzwischen aber selbst keine großen Ambitionen mehr auf den Chef-Posten haben. Also alles bestens! Denn wesentlich ist für Spindelegger freilich auch, dass Niederösterreichs Erwin Pröll noch die schützende Hand über den ÖVP-Chef halten dürfte. Was soll einem da noch passieren?

Nicht nur der "Kurier", auch die "Krone" weiß, was sich gehört. Sonntag dankte sie für das aus der SPÖ Durchgesickerte in Sachen Doris Bures mit einer Story über Faymanns Beste. Bures darf, was nur wenige dürfen, hat Wortkünstler Claus Pándi recherchiert. Sie kann sich das vor allem leisten, weil sie zu jenen gehört, der man im misstrauischen Geschäft der Spitzenpolitik blind vertraut. Die Folge: "Auf die Doris ist Verlass", ist mehr als nur ein geflügeltes Wort im Kanzleramt.

Es ist nun einmal das Amt des geflügelten Wortes. (Günter Traxler, DER STANDARD, 30./31.8.2014)