Rückblick: Im Sommer 2013 sorgte die Krankengeschichte von zwei US-Amerikanern, besser bekannt als die "Boston-Patienten", für Aufsehen. In Folge einer hämatopoetischen Stammzellentransplantation gegen die Krebserkrankung der beiden HIV-infizierten Männer, konnte über viele Wochen kein HIV-1 Virus mehr in ihrem Blut nachgewiesen werden - trotz Absetzen der antiretroviralen Therapie. Nach der wiederkehrenden Nachweisbarkeit der Viren im Blut, setzten renommierte Virologen alles daran, herauszufinden, wo und wie sich die HI-Viren über einen Zeitraum von drei bis acht Monaten verstecken konnten.

Reduziertes HIV-Reservoir

Nun ist es einem internationalen Team aus Wissenschaftlern aus Boston, San Francisco, Cambridge und Hamburg gelungen, das Rätsel zu lösen. Die Kombination einer allogenen hämatopoetischen Stammzellentransplantation mit einer antiretroviralen Kombinationstherapie führte zu einer massiven Reduktion des Virus-Reservoirs, weswegen das HI-Virus weder im Blut noch im Darmgewebe nachgewiesen werden konnte. Dennoch reichte dies nicht aus, das Virus vollständig aus dem Körper zu entfernen.

Obwohl auch nach Absetzen der antiretroviralen Therapie für mehrere Wochen kein Virus mehr im Blut der Patienten nachweisbar war, was zunächst Hoffnung auf Heilung gab, kam es dann leider doch zu einer erneuten Virusreplikation im Blut von beiden Patienten. Das Virus hatte sich also nur versteckt und konnte durch die Therapie nicht vollständig aus dem Körper eliminiert werden. Interessanterweise war die wiederauftretende Viruspopulation sehr homogen. Daraus lässt sich schließen, dass ein einziges intaktes Virus, das irgendwo im lymphatischen Gewebe der Patienten persistieren konnte, ausreicht, um zu einer erneuten Ausbreitung des Virus im Körper zu führen.

Neue Ansätze nötig

"Unsere aktuellen Ergebnisse sowie die ebenfalls enttäuschenden Neuigkeiten, dass das HI-Virus auch in einem sehr früh therapierten und für funktionell geheilt erklärten Kind nach mehreren Monaten zurückgekehrt ist, zeigt, dass es sehr schwer sein wird, einmal infizierte Patienten von dieser Infektion zu heilen", sagt Marcus Altfeld, Mitautor der aktuellen Publikation und Abteilungsleiter am Heinrich-Pette-Institut Hamburg. Diese Fälle seien lehrreiche Beispiele dafür, dass neue gentherapeutische und immuntherapeutische Ansätze, benötigt werden, um eine langfristige funktionelle Heilung von HIV-infizierten Menschen zu erreichen.

In der Folge der neuesten Ergebnisse ist es für den Kampf gegen das sich weiterhin weltweit ausbreitende HI-Virus und die Entwicklung neuer Therapieverfahren unerlässlich, zu erforschen, in welchen Geweben und langlebigen Zellen das Virus sich langfristig verstecken kann, wie man diese Fluchtorte des Virus erreichen und zerstören kann und welche zusätzlichen Maßnahmen notwendig sein werden, um eine dauerhafte Kontrolle der Virusreplikation zu erreichen. (red, derStandard.at, 29.8.2014)