Alexander Lorenz, Biologe in Schottland.

Es muss Biologie sein. Das war Alexander Lorenz, seit einem Jahr Assistenzprofessor an der Universität von Aberdeen in Schottland, immer klar. Vorbilder gab es im näheren Umfeld dafür nicht. "Ich war der Erste in meiner Familie, der studiert hat", erzählt er. 1974 in Wien geboren, studierte er von 1992 bis 2000 Biologie in Wien und Köln.

Sein Doktorat schrieb er 2003 über Hefegenetik. Was sich der Laie darunter vorstellen dürfe? "Ich schaue Hefen beim Sex zu", sagt er und lacht. "Es geht darum, Vorgänge der DNS-Reparatur zu klären, das hat Implikationen z. B. für die Gründe von Infertilität, aber auch für die Krebsentstehung", erklärt er. Er sucht dabei immer wieder nach deutschen Worten, man merkt ihm an, dass er bereits seit rund zehn Jahren mehrheitlich Englisch spricht.

Karriere "erste Priorität"

Und das kommt so: Seinen Postdoc machte er im selben Labor wie sein Doktorat und wurde vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF dafür über zwei Jahre gefördert. "Danach war der Ofen aus", sagt er, "man kann ja in Österreich nicht länger als sechs Jahre an einer Institution bleiben, es war klar, dass ich wegmusste." Ein Schrödinger-Stipendium führte ihn deshalb für zwei Jahre nach Oxford. "Das Projekt ist erfolgreich weitergelaufen, und im Endeffekt waren es dann acht Jahre dort für mich."

Obwohl er weitere zwei Jahre in Oxford hätte bleiben können, bewarb er sich in Europa – auch in Österreich – und in den USA für Assistenzprofessuren. Im Vorjahr entschied er sich, nach Aberdeen zu wechseln. "Hier kann ich machen, was ich will, solange ich Geld aufstelle", beschreibt er den Reiz der neuen Stelle. Er baut gerade ein Labor mit bis zu fünf Mitarbeiterinnen für Grundlagenforschung auf.

Auffallend in seiner Berufsbiografie ist: Es gibt keine einzige zeitliche Lücke. "Bei mir hat sich – vielleicht auch zu meinem Nachteil – immer alles überlappt. Ich habe schon an meiner Doktorarbeit gearbeitet, bevor ich die Diplomarbeit fertig hatte", sagt er und: "Ich bin eben so ein Typ."

Für ihn habe die Karriere "immer erste Priorität" gehabt. Er habe seine Entscheidungen über seine Lebensplanung immer allein treffen können. Aber: "Ich sehe, dass das für sehr viele Kollegen, die Familie haben, ein Problem ist." Wenn ein entsprechendes Angebot aus Österreich käme, wäre das nett – wenn nicht, dann eben nicht.

"Was ist los in Österreich?"

Dabei blickt er freundlich nach Österreich zurück: "Der FWF macht sehr gute Arbeit", lobt er. "Was mich schockiert, ist die Diskussion über die Ausstattung des FWF", fügt er hinzu: "In Fachmagazinen wie 'Nature' heißt es: 'Gott, was ist da los in Österreich?', das ist schädlich für die Außensicht." Er findet es schade, dass die gute Arbeit des FWF "von der Politik in Zweifel gezogen" wird, "da werden keine Prioritäten gesetzt für die Grundlagenforschung", sagt er.

Dass die österreichischen Universitäten zu wenig im Ausland für den Standort Österreich werben, sieht er so nicht. "So viel werben die britischen Unis auch nicht", sagt er. „Da geht es vielleicht um die Highflyer, und das sind gerade einmal 0,5 Prozent." Viele Kollegen und Kolleginnen interessierten sich für Österreich, gerade Wien habe – wie zuletzt durch das internationale Ranking bei der Lebensqualität auf Platz zwei – einen guten Ruf. "Wenn sich die aber genauer ansehen, wie es mit der Förderungssituation aussieht, schrecken die zurück."

Als sehr wichtig erscheint ihm hingegen die "Wertschätzung, wenn man da ist". Er beschreibt das so: "In Großbritannien wird einem vermittelt: Wir sind stolz, dass wir euch haben!" Das passiere in Österreich gerade einmal durch die direkten Kollegen, vielleicht noch durch die Departmentleitung, aber nicht durch die Unigremien. Dabei wäre das so billig zu haben - nämlich gratis. (Tanja Paar, derStandard.at, 28.8.2014)