Johannes Wesemann, General Manager von Uber Österreich, kritisiert die verkrusteten Strukturen in der Taxibranche. Großes Potenzial ortet er bei UberX, dem Limousinenservice für den kleinen Geldbeutel.

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Mit der entsprechenden App reicht ein Wisch über das Smartphone, und der Wagen ist unterwegs. Die Tech-Plattform Uber vermittelt Angebot und Nachfrage für Chauffeurdienste. In Wien konzentriert sich das Unternehmen seit nunmehr sechs Monaten ausschließlich auf den Limousinenservice in Zusammenarbeit mit lizenzierten Mietwagenunternehmen. Wer über Uberblack bucht, dem öffnet sich die Tür zu einem Wagen der Oberklasse, es gibt Trinkwasser zur freien Entnahme, ein Chauffeur hält bei Bedarf den Regenschirm schützend über den Fahrgast, und – für viele nicht hoch genug einzuschätzen – die oft nervend unnötigen Fragen und Gespräche gibt es nicht. Es gibt sie einfach nicht, bei Bedarf.

Seit Mittwoch hat das Unternehmen seinen Service um eine abgespeckte Version erweitert. "UberX spricht eine preisbewusstere Zielgruppe an. Das Prinzip ist dasselbe wie bei Uberblack", sagt Johannes Wesemann, General Manager von Uber Österreich, im Gespräch mit derStandard.at. Statt Mercedes oder BMW würden hier Mittelklasseautos vorfahren. Wesemann ortet große Nachfrage nach dem Service, seien doch die Wachstumsraten bei Uberblack um 20 Prozent pro Woche gestiegen. Nur der August schlug aus der Reihe, da sei "Wien eine tote Stadt". Doch man werde aus der Erfahrung lernen.

Im Schnitt würden von UberX vermittelte Fahrten 25 Prozent unter dem Preis der herkömmlichen Taxis liegen, verspricht Wesemann. Er setzt sich aus einer Mischkulanz von Starttarif, Dauer und Distanz zusammen. Die Fahrt von Wien zum Flughafen beispielsweise koste in der Testphase 20, im Regelbetrieb anschließend 30 Euro. Uber selbst kassiert 20 Prozent des Fahrpreises. Taxameter sucht man vergeblich in den Wagen. Sobald sich ein Fahrer in die App einloggt, ist er am Handy für den Kunden sichtbar und auch buchbar. Über GPS werden Strecke und Fahrtkosten berechnet, den Rest erledigt die Kreditkarte.

Teure Taxler, wenig Service

In vielen Städten Europas sorgt der Service Uberpop hingegen für Ärger bei der alteingesessenen Konkurrenz und hat bereits die Behörden auf den Plan gerufen: Fahrer kann werden, wer einen Führerschein besitzt und ein Auto mit vier Rädern. Damit platzt der Fahrdienstanbieter in ein über Jahrzehnte gewachsenes Geflecht von Regeln und wirtschaftlichen Interessen. Wesemann: "Als das Personenbeförderungsgesetz geschrieben wurde, gab es noch keine Apps. Es ist seit Jahren vollkommen überholt." Die Einzigen, denen es nützt, seien die Taxifahrer selbst. Es schütze sie vor unangenehmem Wettbewerb, worunter auch die Servicequalität leide.

Auch für das Wiener Taxigewerbe findet Wesemann derzeit alles andere als schmeichelnde Worte: Es gehe darum, Pfründe abzusichern, um Macht, Erhalt von Strukturen und die Verzahnung der Transportindustrie mit Politik und Behörden. Bei Uber könnten die Fahrgäste ihre Chauffeure bewerten und umgekehrt. "Wird ein Fahrer öfters negativ geratet, versuchen wir das mit Schulungen in den Griff zu bekommen. Wenn sich kein Erfolg einstellt, trennen wir uns von ihm."

An Kundschaft soll es jedenfalls nicht mangeln: Laut Wesemann würden die Economy-Limousinen-Fahrten pro Woche erst im dreistelligen, später im vierstelligen Bereich liegen. Die Zahl der User, die bislang von der Wiener App-Variante Gebrauch gemacht haben, verortet Wesemann "im fünfstelligen Bereich". Aber auch Pop könne mittelfristig eine Option für Österreich werden. Und, in Richtung Wiener Taxiunternehmen: "Ich könnte mir hier eine Kooperation vorstellen."

Kosmetika per App

Große Ambitionen hegt Uber derzeit in Deutschland. "Wir erwarten, die Aktivitäten von Uber Deutschland bis Ende des Jahres zu verdoppeln", erklärte der Sprecher von Uber Deutschland, Fabien Nestmann, jüngst. Ob sich die Plattform damit nicht übernehme? Wesemann: "Das ist eine typisch europäische Sichtweise. Wer weiß, wo Uber in zwei, drei Jahren steht?" Neben Transportdiensten will sich das Unternehmen künftig auch im Dienstleistungsbereich etablieren. So werden bereits in New York Fahrraddienste (Rush) angeboten, in Washington D.C. wird gerade ein Lieferdienst für Medikamente und Kosmetika (Corner Store) getestet.

Derzeit wird der Wert des 2009 in San Francisco gegründeten Unternehmens auf etwa 17 Milliarden Dollar geschätzt. Und Geldgeber, die an das Modell glauben, gibt es offenbar genug. So waren Investoren wie unter anderem Google und Goldman Sachs bereit, insgesamt rund 1,2 Milliarden Dollar für einen Anteil um die sieben Prozent zu zahlen. (Sigrid Schamall, derStandard.at, 27.8.2014)