Seit Malala Yousafzai am 9. Oktober 2012 von einem Taliban-Kämpfer in den Kopf geschossen wurde, ist sie die Galionsfigur des Kampfes für Bildung für alle. Für ihr Engagement wurde die heute 17-Jährige mit Preisen überhäuft und von Politiker zu Politiker weitergereicht. Der Pakistanische Premier Muhammad Nawaz Sharif nannte sie im Jahr 2013 die "Pakistanische Botschafterin für Bildung" und sicherte die Unterstützung der Regierung zu.

Seitdem hat sich in Pakistans Bildungssystem wenig bewegt. Yousafzai kann alleine nichts verändern, vielmehr müsste Nawaz Sharif handeln. Bereits 1990 unterzeichnete der Staat die Kinderrechtskonvention, in der auch das Recht der Kinder auf Bildung und Ausbildung festgelegt ist. Umgesetzt wurde wenig, es fehlt die Bereitschaft der Regierung zu handeln.

Noch immer liegt Pakistan mit 5,5 Millionen Kindern, die nicht zur Schule gehen weltweit auf dem zweiten Platz hinter Nigeria. Rund die Hälfte aller Kinder, die zur Schule gehen, verlassen diese noch vor ihrem ersten Abschluss. Nur rund die Hälfte aller Pakistanis kann lesen und schreiben.

Nur zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts wird für Bildung aufgewendet. Im Land vertriebene Flüchtlinge hausen auf der Flucht in Schulen, weil es an geeigneten Unterkünften fehlt, und besetzen so in der Not die wenigen Bildungseinrichtungen.

Außerdem ist die Prügelstrafe noch immer de facto legal – noch immer gilt ein Paragraph des Strafgesetzes aus dem Jahr 1860. Schlägt eine Aufsichtsperson einen Schüler "mit guten Absichten", dann ist sie nicht zu bestrafen. Die"gute Absicht" unterliegt dabei keiner strengen Definition. Werden Schüler geprügelt, dann lernen sie schlechter und man kann ihnen schlechter vermitteln, warum sie denn nun zur Schule gehen sollten. Deshalb sollte die Regierung die bereitliegenden Gesetzesentwürfe zur Abschaffung der Prügelstrafe endlich aus der Lade holen und umsetzen. Dass die Prioritäten in einem Land, in dem nachweislich bis 2006 Minderjährige zur Todesstrafe verurteilt wurden, anders liegen, wundert nicht.

Doch eine Investition in Schulen würde nicht nur dem Bildungsniveau sondern in weiterer Folge auch der Gesundheit der Pakistani helfen. Gerüchte die gezielt von den Taliban gestreut wurden, dass es sich bei der Polioimpfkampagne um eine westliche Verschwörung gegen Muslime handle, die die Kinder sterilisieren wollen, könnten entkräftet und mit ihnen die Krankheit ausgelöscht werden. Der Pakistanische Premier sollte deshalb aufhören, sich hinter Yousafzai zu verstecken und zu reden, und vor sie treten und handeln. (Bianca Blei, derStandard.at, 26.8.2014)