Dass diese Regierung konsequent an ihrem eigenen Grab schaufelt, ist nicht neu. Überraschend ist aber, mit welchem Feuereifer die Protagonisten der beiden Koalitionsparteien dieser Tage die Schaufeln in die Hand nehmen. Die Frage der Nachfolge von Barbara Prammer hat die SPÖ schnurstracks in eine schwere Krise geführt. Was tut die ÖVP? Sie stürzt sich ohne Not hinterher.

In der SPÖ wird gerade die Demokratie abgeschafft. Kanzler Werner Faymann dekretiert, wer neue Nationalratspräsidentin werden soll: Doris Bures, seine enge Vertraute, die als Regierungsmitglied nicht einmal Mitglied des Nationalrats ist. Diese Entscheidung trifft er im kleinsten Kreis und tut sie über den Boulevard kund. Funktionäre und die Basis erfahren davon aus der Zeitung, Wochen bevor Parteipräsidium und Vorstand tagen, die dabei - zumindest auf dem Papier - ein Wörtchen mitzureden hätten.

Was dieses Papier, was die Statuten wert sind, zeigte sich dieser Tage auch sehr anschaulich in Oberösterreich. Nämlich nichts. Obwohl klar ist, dass einem frei werdenden Mandat einer Frau wieder eine Frau folgen sollte, bis die Geschlechterparität erreicht ist, verhindert die Parteiführung das Nachrücken von Sonja Ablinger, die als unbequem gilt, und schickt statt ihr lieber einen altgedienten Gewerkschafter ins Parlament - und das ausgerechnet auf das Mandat der verstorbenen Barbara Prammer, die Frauenministerin war und sich auch als Parlamentspräsidentin immer sehr klar für eine nachhaltige Frauenpolitik eingesetzt hatte. Diese Entscheidung ist mit Sicherheit nicht in ihrem Sinn, sie bedeutet einen Rückschritt in Sachen Gleichberechtigung und ist als Signal nach außen fatal.

Diese Entscheidung bedeutet auch einen Rückschritt, was die Öffnung der Partei angeht. Kritische Geister werden in der SPÖ nicht mehr gewollt. Alles muss funktionieren, Diskussionen sind da nur störend. Nur nicht aufmucken. Dabei war Sonja Ablinger als Abgeordnete keine, die sich auf Kosten anderer profilierte; sie leistete sich den Luxus einer eigenen Meinung und hinterfragte Entscheidungsprozesse. Das tat sie durchaus im Sinne der Basis. Ihre kritische Haltung zum Fiskalpakt und zur Verschärfung der Asylgesetze wurde von vielen in der Partei mitgetragen und auch eingefordert. Nur der Parteiführung passte das nicht in den Kram. Die Sitzungen der Parteigremien sind damit zur Farce geworden. Heute, Montag, wird es dazu wieder Anschauungsunterricht geben.

Die ÖVP, der Juniorpartner in der Regierung, könnte sich in dieser Situation entspannt zurücklehnen und Souveränität demonstrieren. Und vielleicht auch von dem jämmerlichen Schauspiel, das die SPÖ gerade bietet, selbst profitieren. Stattdessen zetteln die schwarzen Landeschefs eine Obmanndebatte an, für die es jetzt nicht zwingend einen Anlass gab, und desavouieren Michael Spindelegger. Als ob der die Kritik seiner Parteifreunde im Nachhinein zu rechtfertigen versucht, verfängt sich der ÖVP-Chef in einer absurden Debatte über den Sparkurs des Bundesheeres, den er mit seinen Budgetvorgaben vorgegeben hatte.

Es ist ein trauriges Bild, das die Regierung von sich entwirft. Sie tritt das Vertrauen, das einige wenige noch in sie haben mochten, mit Füßen. Faymann und Spindelegger schaffen sich selber ab: Sie scheinen in einen Wettbewerb getreten zu sein, wer FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache schneller in den Kanzlerstuhl hieven kann. (Michael Völker, DER STANDARD, 25.8.2014)