"Ich mache da weniger dem Verteidigungsminister einen Vorwurf als den hohen Militärs. Die wollen nicht, dass sich etwas ändert, sondern immer nur mehr Geld."

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STANDARD: Die SPÖ fixiert am Montag die Nachfolge der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Diverse ÖVP-Politiker sind dafür, die neuen Minister erst nach einem Hearing im Nationalrat anzugeloben. Und Sie?

Khol: Grundsätzlich würde das natürlich eine Weiterentwicklung der parlamentarischen Demokratie mit sich bringen - und zwar im Sinne von mehr Transparenz.

STANDARD: Im Gegensatz zu Sabine Oberhauser, die Gesundheitsministerin werden, und Alois Stöger, der ins Infrastrukturressort wechseln soll, hätten sich die anderen Regierungsmitglieder dann aber keiner Prüfung stellen brauchen. Soll man damit tatsächlich mitten in der Legislaturperiode anfangen?

Khol: Nein, das würde ich nicht tun. Denn das sähe zu sehr nach Anlassgesetz aus und könnte als Misstrauensvorschuss interpretiert werden, den sich beide Herrschaften nicht verdient haben - weil Stöger wie Oberhauser ausgewiesene Politiker sind.

STANDARD: Auf die neue Nationalratspräsidentin Doris Bures kommt mit dem zweitwichtigsten Amt auch die Leitung von U-Ausschüssen zu. Als ihr Vorvorgänger: Besteht als enge Kanzlervertraute nicht die Gefahr der Parteinahme in den Kontrollgremien wie etwa in der Causa Hypo?

Khol: Keineswegs. Weil die Regelung in den U-Ausschüssen, so wie sie paktiert wurde, vorsieht, dass dort der Vorsitz genauso rotieren kann wie bei den Plenarsitzungen. Die drei Nationalratspräsidenten haben also die Diskussionsleitung inne und achten auf das Einhalten der Geschäftsordnung, daher gibt es da auch keine Inkompatibilitäten - und dazu einen Verfahrensrichter, der über die Vernehmungen wacht, und einen Verfahrensanwalt, der die Rechte der Zeugen schützt.

STANDARD: Zwischen Ihnen und Kanzler Wolfgang Schüssel passte aber einst auch kein Blatt - oder tut man Ihnen da historisch unrecht?

Khol: Nein - und ich bin stolz darauf, dass ich in diesem Amt mit meinem Freund Wolfgang Schüssel ein untadeliges Arbeitsverhältnis aufgebaut habe, das so weit ging, dass er mir in parlamentarischen Dingen nie irgendetwas dreingeredet hat. Meine Amtsführung wurde von der Partei damals in keiner Weise beeinflusst oder kritisiert.

STANDARD: Aber als Erzschwarzer wussten Sie doch wohl stets auch ohne Worte, was der Kanzler und Parteichef so von Ihnen erwartet?

Khol: Das ist eine Überinterpretation. Bei den Angelegenheiten, die ich als Nationalratspräsident zu verantworten hatte, agierte ich stets völlig überparteilich.

STANDARD: Der deutsche Bundestagspräsident hat im Frühjahr das Ansinnen als "abwegig" bezeichnet, dass die Nationalratspräsidenten U-Ausschüsse leiten sollen, weil der Zeitaufwand enorm hoch ist. Kein berechtigter Einwand?

Khol: Norbert Lammert hat hier die Usancen des Nationalrats nicht berücksichtigt: Der Deutsche Bundestag tagt im Monat drei Wochen in Permanenz, also hat der Präsident dort ständig den Vorsitz zu führen. Hierzulande haben wir drei Tage im Monat Plenarsitzungen, deswegen ist die Arbeitsbeanspruchung der Präsidenten mit dem des deutschen Kollegen nicht zu vergleichen.

STANDARD: Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hat die Militärs arg vor den Kopf gestoßen, weil er nach dem von ihm selbst verordneten Sparkurs mahnte, das Bundesheer "nicht auszuhungern" und stattdessen Reformkonzepte vorzulegen. Ein berechtigter Aufruf oder eine verunglückte Aktion?

Khol: Das war eine mutige Aktion! Ich selbst habe im Zuge der Volksbefragung zur Wehrpflicht bei der Materie recht aktiv mitgearbeitet - und nach dem eindeutigen Votum gab es bereits eine Serie von beschlussreifen Konzepten, zur Grundausbildung genauso, wie zur Einschränkung von ganzen Waffengattungen wie der schweren Artillerie. Seitdem ist eineinhalb Jahre lang nichts passiert - und diejenigen, die sie sich jetzt beschweren, sind die Unterlassungstäter. Ich mache da weniger dem Verteidigungsminister einen Vorwurf als den hohen Militärs. Die wollen nicht, dass sich etwas ändert, sondern immer nur mehr Geld. Bei den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln hätten sie die Reformen längst beschleunigen müssen, um kostspielige Aktivitäten einzuschränken.

STANDARD: Doch selbst der Bundespräsident griff schon in das Gefecht ein - und stellte sich auf die Seite der Generäle, die meinen, es seien in den letzten zwanzig Jahren unter ÖVP-Führung völlig unnötige Anschaffungen getätigt worden.

Khol: Als Oberbefehlshaber stellt sich der Bundespräsident natürlich immer wieder schützend vor das Bundesheer. Die Reform ist absolut nötig - und es bleibt für mich ein Ärgernis, dass man uns derart an der Nase herumführt.

STANDARD: Aber auch die teuren Eurofighter haben wir doch Schwarz-Blau zu verdanken?

Khol: Der Kauf der Luftraumüberwachungsflugzeuge war lange überfällig - zwei sozialistische Amtsvorgänger hatten die unpopuläre Entscheidung immer wieder verschoben. Schüssel packte den Stier bei den Hörnern - und der Eurofighter war dann auch die ökonomischste Lösung.

STANDARD: Wir nehmen an, in der ÖVP gibt es keine Obmanndebatte?

Khol: Ich nehme das O-Wort nicht in den Mund. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 25.8.2014)