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Die Vulkane auf Island.

Grafik: APA

Reykjavík - Die isländischen Behörden haben am Sonntagnachmittag überraschend die Flugverbotszone im Südosten der Insel aufgehoben und die Warnstufe für den internationalen Flugverkehr von "Rot" auf "Orange" gesenkt. Als Grund nannte der zuständige Wetterdienst in Reykjavík fehlende Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Ausbruch.

Auch sei der gestern registrierte Austritt von Lava unter dem Eis des Dyngjujökull nicht nachgewiesen, hieß es. Vermutlich habe es sich nicht um einen regelrechten Ausbruch gehandelt. Der Warndienst räumte aber ein, dass die Erdbebentätigkeit in der Region um den Vulkan Bárðarbunga auf einer Länge von 30 Kilometern weiter intensiv sei. Ein Vulkanausbruch in nächster Zeit sei daher weiterhin nicht ausgeschlossen.

Beben der Stärke 5,3

Zuvor hatte ein schweres Erdbeben den Bárðarbunga erschüttert. Das Beben erreichte die Stärke 5,3, wie der Geophysiker Gunnar Gudmundsson vom Isländischen Meteorologischen Institut am Sonntag sagte. Bereits seit Tagen waren Erschütterungen in dem Gebiet registriert worden.

Bis Sonntagmittag registrierten die Seismologen im Bereich des Hauptkraters als auch nordöstlich davon, in der Nähe des Dyngjujökull knapp 700 Erdstöße.

Die Behörden riefen am Samstag die Warnstufe Rot aus und verhängten in einem großen Radius um den Vulkan ein Flugverbot. Stufe Rot bedeutet, dass ein Ausbruch des Vulkans bevorsteht oder schon begonnen hat und dass der Vulkan eine großen Menge Asche ausstoßen könnte.

Touristen in Sicherheit gebracht

Laut Polizei wurden im Laufe des Wochenendes erneut Touristen aus der Region in Sicherheit gebracht. Die Bewohner in der dünn besiedelten Gegend wurden indes zu erhöhter Aufmerksamkeit aufgerufen. Ihre Häuser mussten sie vorerst nicht verlassen. Bereits vergangener Woche wurden rund 200 Touristen nördlich des Vatnajökull-Gletschermassivs evakuiert.

Erinnerung an die jüngere Vergangenheit

Die europäische Flugsicherung Eurocontrol teilte mit, sobald es zu einem Ausbruch komme, werde das Beratungszentrum für Vulkanasche in London Vorhersagen über die Aschekonzentration in der Atmosphäre machen. Daraufhin dürften die Behörden für die zivile Luftfahrt Hinweise herausgeben. Eine Änderung von Flugplänen und -routen läge Eurocontrol zufolge aber in der Verantwortung der Fluggesellschaften.

Vor vier Jahren sperrten Behörden nach einem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull weite Teile des europäischen Luftraums für sechs Tage. Mehr als zehn Millionen Flugpassagiere waren damals betroffen. Der Schaden betrug 1,7 Milliarden Dollar.

Kontinentalplatten um 20 Zentimeter verschoben

Die jüngsten Serie von Erschütterungen rund um den Gletschervulkan Bárðarbunga in Island haben offenbar mit einer auffallenden Verschiebung der Kontinentalplatten zu tun. Laut einer Aussendung der isländischen Wetter- und Erdbebenwarte Vedurstofa vom Samstag haben sich die europäische und die nordamerikanische Kontinentalplatte in dem Gebiet innerhalb weniger Tage um 20 Zentimeter verschoben. Normalerweise verschieben sich die Landmassen an der quer durch Island verlaufenden Kontinentalspalte um höchstens zwei Zentimeter pro Jahr und führen so zu einem Wachsen der Nordatlantikinsel.

Verlagerung der Erdbebenschwärme

Die Seismologen beobachteten am Samstag eine rasche Verlagerung der Erdbebenschwärme rund um den Bárðarbunga in Richtung Nordost. Dies könnte bedeuten, dass die unterirdischen Magmaströme in nordöstlicher Richtung abfließen. Das würde einen Ausbruch im Bereich des Hauptkraters weniger wahrscheinlich machen als bisher angenommen.

Dafür könnte eine Eruption am Rand des Gletschermassivs in der Gegend des Dyngjujökull stattfinden, wo die Eisdecke nur ein Viertel der Stärke im Vergleich zum Hauptkrater beträgt. Dort ist das Eis teilweise nur 200 Meter dick, während sie über dem Hauptkrater rund 800 Meter beträgt. Ein Geologenteam wollte sich noch am Samstag per Flugzeug einen Überblick über die aktuelle Situation in dem Gebiet machen.

Erde bebte 5.000-mal

Insgesamt bebte die Erde in dem Gletschergebiet seit Freitag vor einer Woche an die 5.000-mal - zeitweise im Minutentakt. Die isländischen Behörden riefen daher vergangenes Wochenende die zweithöchste Vorwarnstufe für einen möglicherweise bevorstehenden Vulkanausbruch aus. (APA, 24.8.2014)