Wien - Drei der insgesamt zehn am Montag festgehaltenen mutmaßlichen Jihadisten sollen bereits in Syrien als Kämpfer im Einsatz gewesen sein, verriet Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, am Freitag bei einer Pressekonferenz. Sie sind also sogenannte Rückkehrer, vor denen der Verfassungsschutz besonders warnt, weil sie oft besonders radikalisiert von den Kriegseinsätzen nach Europa zurückkommen.
Über neun Verdächtige wurde die Untersuchungshaft verhängt. Der einzige Minderjährige der Gruppe, ein 17-Jähriger, ist auf freiem Fuß und wird laut Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) angezeigt. Alle neun sind tschetschenischer Herkunft und zum Teil schon seit Jahren als anerkannte Flüchtlinge in Österreich. Ein zehnter, der ebenfalls in U-Haft sitzt und die Reise nach Syrien in die Wege geleitet haben soll, ist türkischer Herkunft.
Diverse Straftaten
Vorgeworfen werden der Gruppe, in der sich auch eine Frau befindet, nicht nur die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, sondern auch Sozialbetrug und Urkundenfälschung. Zu ihrer Festnahme hätten eine Vielzahl von Maßnahmen geführt, darunter auch Informationen von anderen Muslimen, erläutert Kogler. Ob es einen Bezug zu Bosnien gibt, konnte Kogler am Freitag noch nicht sagen. "Mit dem Ende dieser Ermittlungen stehen wir gleichzeitig am Anfang neuer Ermittlungen – mit wem standen sie in Verbindung, wer hat sie ausgebildet?"
Mindestens 130 Personen aus Österreich haben sich laut Innenministerium radikalislamischen Gruppen in Syrien angeschlossen, sind von dort zurückgekehrt oder gerade auf dem Weg zu Kriegsschauplätzen. Wer zurückkehrt, wird von der Polizei befragt und steht unter Beobachtung. Auf der anderen Seite versucht die Polizei nach Möglichkeit eine Ausreise zu verhindern. "Was schwierig ist, die Türkei ist ein beliebtes Urlaubsland. Es muss ein konkreter Verdacht vorliegen, damit wir ermitteln können", sagt Kogler.
Kein Kontakt zu verschwundenen Wienerinnen
Zu den zwei Mädchen mit bosnischen Wurzeln, die vor Monaten von Wien aus Richtung Syrien aufgebrochen sein sollen, gebe es keine neuen Informationen. Der ORF berichtete, dass ein Foto von einer der beiden mit Schleier nach ihrem Verschwinden aufgenommen wurde. Von der zweiten fehlt jede Spur.
Dass gerade in Europa und überproportional stark in Österreich Menschen empfänglich sind für die radikale Idee eines Kriegs im Namen des Islam, erklärt Kogler mit der geografischen Nähe zu den Krisengebieten. Auch der hohe Anteil tschetschenischer Flüchtlinge in Österreich mache die Zahl aus – mehr als die Hälfte der behördlich bekannten Syrien-Kämpfer stammen aus der Kaukasus-Region. Im Vorjahr wurde im Zusammenhang mit Radikalisierungsprozessen und anderen Straftaten 96 Personen – allesamt russische Staatsbürger – laut Mikl-Leitner der Asylstatus aberkannt.
"Nicht in einen Topf werfen"
Einmal mehr betonte die Innenministerin, dass man nicht den Fehler machen dürfe, alle Asylwerber in einen Topf zu werfen. "Das ist kein Massenphänomen, es sind einzelne Personen. Die Mehrheit der Flüchtlinge versucht Krieg und Terror zu entkommen, und die brauchen unseren Schutz." Eine Deradikalisierungsstelle als erste Ansprechzentrale für besorgte Angehörige von möglicherweise radikalisierten Menschen soll mit Ende des Jahres im Innenministerium geschaffen werden. Nach der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts im Sommer seien sehr viele Hinweise eingegangen, die zu Ermittlungen geführt hätten, sagt Kogler. (Julia Herrnböck, derStandard.at, 22.8.2014)