Das Ende einer Ära: Mit diesen Worten kommentierten zahlreiche Analysten Steve Ballmers Bekanntgabe, sich auch von der letzten Position bei Microsoft zurückzuziehen. Seit Satya Nadella den CEO-Posten im Februar von Ballmer übernommen hatte, war dieser noch als Aufsichtsrat tätig gewesen. "Ich denke, dass es unpraktisch für mich wäre, weiterhin Mitglied des Boards zu sein. Es ist das Beste für mich, zurückzutreten", schrieb Ballmer nun an Nadella und löst damit seine letzte Verbindung zu Microsoft.

Tränen und Dirty Dancing

Ballmer gilt als "harter Hund" mit weichem Kern: Tränen erdrückten seine Worte, als er im Jahr 2000 seinen langjährigen Freund und Weggefährten Bill Gates an der Microsoft-Spitze ablöste. Bis dahin war Ballmer stets der starke zweite Mann innerhalb des Softwarekonzerns gewesen. Tränen (zur Musik von "Dirty Dancing", seinem Lieblingsfilm) gab es auch bei seinem Abschiedsauftritt im September 2013.

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Spitzname "Monkeyboy"

Seine exaltierten Auftritte nicht nur auf firmeninternen Veranstaltungen hatten ihm den Spitznamen "Monkeyboy" eingebracht. Legendär ist etwa die Szene, in der er hüpfend und schreiend skandiert: "I love this company!"

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Sein Schlachtruf "Developers, Developers, Developers" im Rahmen der 25-Jahr-Feier von Microsoft ist wohl einer der schrägsten und bekanntesten Momente der jüngeren IT-Geschichte.

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Sein "Showtalent" und die Verbundenheit mit Microsoft stellt er immer wieder unter Beweis. So waren ihm bei einer Verkaufsveranstaltung einmal die Stimmbänder beim "Windows"-Brüllen gerissen. Als Entwickler Mark Lucovsky seinen Wechsel zu Google bekanntgab, schleuderte Ballmer vor Zorn einen Sessel durch den Raum.

Geschäftsmann

Ballmer kam 1956 zur Welt und wuchs in der Autostadt Detroit auf. Bis heute behielt er seine Vorliebe für die Firma Ford bei, in der sein Vater, ein gebürtiger Schweizer, arbeitete.

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Foto: AP Photo/Ted S

Bill Gates lernte er während des Studiums an der Harvard University in den 70er-Jahren kennen. Sein Studium der Angewandten Mathematik und Ökonomie absolvierte Ballmer mit Auszeichnung. Nach zwei Jahren bei dem Konsumgüter-Hersteller Procter & Gamble brach er eine anschließende Management-Ausbildung in Stanford kurzerhand ab, um mit Gates Microsoft aufzubauen.

Verkaufstalent

Während Gates durch und durch als Softwarespezialist und Visionär des Unternehmens galt, gab Ballmer den Geschäftsmann mit herausragenden Verkaufstalenten. So trat er auch immer wieder selbst in Werbevideos für Microsoft auf.

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Im Jahr 1980 war Ballmer der erste Manager der jungen Firma. Im selben Jahr heiratete er Connie Snyder, eine Microsoft-Mitarbeitern, mit der er drei Söhne hat. Bis heute verbindet ihn eine intensive Freundschaft mit Gates, der ihm als Gründervater bei internen Machtkämpfen stets den Rücken gestärkt haben soll.

Umsatz und Gewinn gesteigert

Ballmer konnte einige Erfolge vorweisen: Neben Gates hatte er einen entscheidenden Anteil an Microsofts Erfolgsgeschichte, weil er ein komplettes Ökosystem an Hardware-Partnern und Serviceunternehmen zum Blühen brachte. Und auch als sich Gates als Wohltäter und Stifter aus dem Unternehmen zurückzog, konnte Ballmer Umsatz und Gewinn beharrlich steigern. Unter seiner Führung konnte Microsoft die Windows-Software auch erfolgreich auf Servern in den Rechenzentren etablieren. Außerdem bot er mit der Xbox der asiatischen Games-Industrie Paroli.

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Foto: REUTERS/B Mathur

Fehleinschätzungen

Ein glückliches Händchen bei der Entwicklung neuer Technologien und Trends ließ Ballmer allerdings vielfach vermissen. So schoss der Microsoft-Aktienkurs um sieben Prozent nach oben, als Ballmer im August 2013 seinen schrittweisen Rückzug verkündete. Legendär ist seine Fehleinschätzung des iPhone. Kurz nach der Präsentation des ersten Apple-Smartphones im Jahr 2007 machte sich Ballmer im Fernsehen über das Konkurrenzprodukt lustig und fragte das Publikum, wer wohl das "teuerste Telefon der Welt" kaufen werde.

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Es dauerte Jahre, bis Ballmer Konsequenzen aus seinem Irrtum zog und die Entwicklung eines modernen Smartphone-Systems in Auftrag gab, das sich heute gegen die Konkurrenz von Google und Apple schwertut. Zwischendurch musste er mit den gefloppten Produkten Zune (einem iPod-Konkurrenten) und Kin (einem Smartphone für Jugendliche) weitere Nackenschläge hinnehmen.

Nicht an Tablets geglaubt

Auch wollte er zunächst nicht wahrhaben, dass immer mehr Menschen einen Tablet-Computer wie das iPad statt eines traditionellen PCs verwenden werden. "Die Menschen werden mehr und mehr PCs verwenden. Das wird für viele Jahre gelten, die vor uns liegen", sagte er noch im Juni 2010 auf der Technologiekonferenz AllThingsD. Und das, obwohl Microsoft früher als andere Hersteller auf Computer mit Touchscreen setzte. So brachte Microsoft schon 2002 eine Windows XP Tablet PC Edition für Eingaben mit einem Stift auf den Markt. Und auch bei mobilen Geräten war das Unternehmen mit Windows Mobile für PDAs früh dran.

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Foto: EPA/DAN GLUSKOTER

Markt verpasst

Dennoch schaffte es der Konzern nicht, der wachsenden Popularität von Apples iPhone und iPad sowie Googles mobilem Betriebssystem Android etwas entgegenzusetzen. Zu sehr verließ sich das Unternehmen auf Geschäftskunden. Microsoft spielt zwar inzwischen mit dem Tablet-Computer Surface und Windows Phone auch in dem neuen Marktsegment mit. Verkaufs- und Marktzahlen konnten jedoch bis jetzt nicht anziehen.

Unter Ballmers Führung wurde auch der bereits damals schwächelnde Handyhersteller Nokia gekauft. Nun steht man vor dem größten Stellenabbau der Geschichte des Konzerns. Dafür zeichnet aber bereits der neue Chef verantwortlich. Für Branchenbeobachter muss Nadella nun "den Mist von Steve Ballmer" aufräumen.

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Foto: APA

2001 in Österreich

Mit Österreich verbindet Ballmer übrigens der Name Ernst Strasser: 2001 besuchte er als Microsoft-Chef den damaligen Innenminister, um über E-Government zu sprechen.

Foto: Kirby Lee-USA TODAY Sports

Basketball-Fan

Nun will sich Ballmer komplett auf seine Funktion als Präsident des Basketballklubs Los Angeles Clippers kümmern. Den hat er vor kurzem für zwei Milliarden Dollar gekauft, vergangene Woche wurde die Übernahme genehmigt. (br/fsc/APA, derStandard.at, 20.8.2014)