So wie ein paar Schwalben noch keinen Sommer machen, machen ein paar sinnlose Randalierer keinen Landfriedensbruch. Das ist die Quintessenz des Urteils im zweiten Prozess rund um die Demos gegen den Akademikerball und die Identitären. Der nicht rechtskräftige Schuldspruch (sechs Monate bedingt) bezieht sich auf Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Der Vorwurf Landfriedensbruch wurde fallengelassen.

Das Schöffengericht hat präzisiert, ab wann der Landfrieden gebrochen wird. Geht es – wie bei der Anklage gegen Josef S. – um den "schwarzen Block", der, wie die Erfahrungswerte zeigen, immer wieder auf Randale aus ist, ist es bei massiver Gewalt rasch so weit. Geht es um eine grundsätzlich friedliche Demonstration, an deren Ende einige wenige die Polizei attackieren, muss genau gezählt werden. Denn zehn Gewalttäter reichen für Landfriedensbruch nicht, sagte das Gericht.

Im Paragraf ist nur von einer "Menschenmenge" die Rede. Wie groß die Menge sein muss, darf der Staatsanwalt selbst aussuchen – was wohl der Grund dafür ist, dass das Delikt derzeit erstaunlich oft angeklagt wird. Man braucht nicht mehr einzelne Delikte beweisen, sondern kann pauschal alle, die in der Nähe sind, aburteilen. Und abschrecken.

Höchste Zeit, dass bei der Reform des Strafgesetzbuches eine Mindestzahl für die Menge festgeschrieben wird, um klarzustellen, dass Demonstrationen per se nie illegal sind. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 19.8.2014)