Magischer Moment, der schnell wieder verblasst: Agathe Bonitzer und Arthur Dupont als Liebespaar in "Unter dem Regenbogen".

Foto: Filmladen

Wien - Ein Ball, auf dem ein junger Mann wie ein ersehnter Prinz in Erscheinung tritt und dann später, plötzlich in Eile, seinen Schuh verliert; ein anderer Mann, versierter in der Kunst der Verführung, der umstandslos wie ein böser Wolf im Wald auftaucht; eine geliebte Tante, die wie in einem Knusperhäuschen an ebendiesem Orte wohnt; oder eine Stiefmutter, die gern giftig rot glänzende Äpfel überreicht.

Die Zeichen, die auf den Märchenschatz der Brüder Grimm verweisen, sind in Unter dem Regenbogen (Au bout du conte) von Agnès Jaoui allenthalben zu finden. Doch sie geben der jüngsten Komödie der stets auf Geschichten kleiner, gern einmal übersehener Leute spezialisierten Französin keinen magischen Dreh - im Gegenteil: Sie führen sogar ein Stück weit in die Irre. Denn für Jaoui, die das Drehbuch erneut mit ihrem Mann Jean-Pierre Bacri geschrieben hat, sind solche moralischen Geschichten dezidiert nicht von dieser Welt. Nun lässt sie diese sozusagen an den Klippen der Realität zerschellen.

Wie schon andere Arbeiten des Paares (Lust auf anderes oder Schau mich an!) interessiert sich auch Unter dem Regenbogen für Figuren, die ihre Talente eher bescheidener machen, so sie überhaupt über welche verfügen. Gern spielen sie diese in ihren Ensemblestücken selbst: Diesmal ist Jaoui die schon erwähnte Tante, die mit Kindern Theaterstücke aufführt, während Bacri einen wunderbar grummeligen Fahrschullehrer verkörpert, der gerade mit seiner Freundin und deren ungeliebten Töchtern zusammengezogen ist. Die Szenen, in denen sich die beiden im Auto über die Unebenheiten des Fahrstils und des Lebens im Allgemeinen unterhalten, gehören zu den charmantesten des Films, auch weil man die Chemie zwischen den beiden in jeder Sekunde spüren kann.

Im Mittelpunkt des Films steht jedoch eine jüngere Generation, deren Gutgläubigkeit in Liebesangelegenheiten mit ihrem Mangel an Erfahrungen zusammenhängt. Laura (Agathe Bonitzer) verliebt sich in einer Bilderbuchszene in den Nachwuchskomponisten Sandro (Arthur Dupont), doch das Märchen wird durch den galanten Musikkritiker Maxime (geckenhaft verkörpert von Chansonier Benjamin Biolay) gestört, der der jungen Frau ebenso den Hof macht: ein Prinz zu viel.

Bonitzer macht ihre Sache als von den Möglichkeiten des Lebens überrumpelte Laura besonders gut. Dennoch gewinnt man in Unter dem Regenbogen den Eindruck, dass Jaoui/Bacri über reifere (und entsprechend durchwachsene) Charaktere nicht nur mehr Einsichten gewinnen, sondern dass sie diese auch zu größerer Komik inspirieren. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 19.8.2014)