Die Rufe nach einer Steuerreform haben Hochkonjunktur. Realwirtschaftlich ist von selbiger leider nichts zu spüren. Die Konjunkturforscher zeichnen mit ihren Schätzungen zum zweiten Quartal ein Stillleben der heimischen Wirtschaft. Die Investitionen schrumpfen, der Konsum ist schwach, und die Exportindustrie sorgt auch nicht für Aufheiterung. Mehr denn je würde ein Wachstumsimpuls durch niedrigere Steuern Sinn machen. Denn der private Konsum ist inflations- und abgabenbedingt eine Bremse für die Konjunktur geworden.

Die Baustelle der heimischen Wirtschaftspolitik ist mit zwei Zahlen gut abgesteckt. Der private Konsum legte im ersten Halbjahr real nur um rund 0,2 Prozent zu, die Einnahmen aus der Lohnsteuer aber um starke 5,6 Prozent. Das mag den Finanzminister zwar kurzfristig freuen. Langfristig zeichnet sich aber ein gefährlicher Teufelskreis ab.

Die hohe Steuerbelastung und Unsicherheit um die offenen Fragen einer möglichen Steuerreform (Neue Vermögenssteuern? Weniger Ausnahmen für Arbeitnehmer?) halten Konsum und Investitionen zurück. Die schwächere Wirtschaftslage wiederum verengt als Folge den Spielraum des Finanzministers, die Steuerbürger zu entlasten, und verschärft so die Debatte. Je unwahrscheinlicher aber die große Entlastung wird, desto öfter werden private Investitionsprojekte auf Sankt Nimmerlein verschoben.

Gerne betont die Regierung, dass Reformen Zeit brauchen. Man wolle schließlich keine Schnellschüsse bei komplexen Fragen wie einer Steuerreform. Das behält sich der Finanzminister offenbar für fragwürdige Bankengesetze wie jenes zum Hypo-Schuldenschnitt vor.

Das Spiel auf Zeit ist aber eines mit dem Feuer. Denn je länger die eingesetzten Arbeitsgruppen zur Steuerreform tagen, desto eher werden Unternehmen und Bürger ihre Zukunftsinvestitionen gleich mit vertagen.

(Lukas Sustala, DER STANDARD, 16.8.2014)