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Die nationale Initiative "Autonome Schule" soll parteiübergreifend sein, derzeit wird sie nur von den Neos finanziert.

Foto: apa/Techt

Wien - Matthias Strolz ist derzeit der begnadetste Metaphoriker in der österreichischen Innenpolitik. Dass der Chef der Neos den "Kindern die Flügel heben" und "Österreich enkelfit" machen will, wissen alle, die dem Klubobmann schon einmal zugehört haben. Jetzt kommt ein weiteres Sprachbild hinzu: "Die Talente zum Blühen bringen" lautet das neueste Credo von Strolz. Mit seiner nationalen Initiative "Autonome Schule" will er eine Bildungsreform einleiten.

Am Donnerstag präsentierte der Bildungssprecher der Neos die Initiative und die ersten Konzeptvorschläge bei einer Pressekonferenz. "Ich möchte eine Bildungswende für Österreich und ein Ende der ergebnislosen Bildungsdebatte", so Strolz. Er stellte gleich zu Beginn klar, dass er die Initiative nicht als Chef der Neos starte, sondern als Privatperson. Es gehe um ein parteiübergreifendes Projekt, er habe das Konzept bereits an Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) verschickt und auch die Bildungssprecher der anderen fünf Parteien eingeladen, darüber zu diskutieren. Ziel der Initiative sei es, bis September 2015 einen Gesetzesvorschlag zu erarbeiten, der breite Zustimmung finde.

Finanziert wird die Initiative derzeit nur vom Parlamentsklub der Neos. Strolz konnte am Donnerstag noch keine Mitstreiter aus anderen Parteien oder Organisationen nennen. Man stehe in Gesprächen, so der Parteichef. Und so finden sich im Konzeptpapier vor allem jene Vorschläge, die auch im Parteiprogramm der Neos stehen.

Strolz sieht in seinem Konzept eine Schulautonomie auf drei Ebenen vor.

  • Pädagogische Autonomie: Schulen sollen selbst über Lehrinhalte, die Zeitstruktur des Unterrichts, die Klassenschülerzahl und Lehrmittel entscheiden. "Zwei Drittel der Erlässe gehören in den Schredder, sie zerstören den Unterricht mehr, als dass sie Klarheit bringen", erklärt Strolz.
  • Personalautonomie: Die Direktoren will Strolz als Führungskraft stärken und eigene Ausbildung für sie einführen. Die Schulleiter sollen ihre Lehrer selbst auswählen können und auch die Möglichkeit haben, sie zu kündigen. Statt eines Lehrerdienstrechts schlägt der Neos-Chef einen Rahmenkollektivvertrag für Lehrer vor.
  • Finanzielle Autonomie: Schulen sollen dem Konzept zufolge künftig einen Fixbetrag pro Schüler bekommen. Zudem soll eine "indexbasierte Standortfinanzierung" eingeführt werden. Das heißt, dass es etwa für Kinder mit Migrationshintergrund oder aus "bildungsfernen" Schichten zusätzliches Geld gibt. Auch Schulen, die sich in bevölkerungsarmen Gegenden befinden, sollen mehr finanzielle Mittel bekommen.

"Viele werden befürchten, dass sich durch unser Konzept die Distanz zwischen den guten und schlechten Schulen verstärkt", sagt Strolz. Diese Sorgen seien jedoch unbegründet. Vor allem durch die indexbasierte Standortfinanzierung will er verhindern, dass sich Eliteschulen bilden. So sollen Schulen motiviert werden, auch Schüler mit Migrationshintergrund aufzunehmen.

Mittlere Reife nach neun Jahren

Die Qualität der Ausbildung an den Schulen will der Neos-Chef durch eine "Mittlere Reife" und durch eine "Bildungsservice"-Stelle in den Regionen erreichen. "Es soll einen Konsens darüber geben, was ein 15-Jähriger können soll", so Strolz. Nach neun Jahren Schulpflicht soll es in den Hauptfächern einen externen, bundesweiten Test für alle Schüler geben, mit dem sie die Mittlere Reife erlangen.

Es solle also eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 15-Jährigen geben, aber auf vielfältigen Wegen. "Das ist auch eine Einladung an die ÖVP, die immer für Differenzierung eintritt. Es soll diese Differenzierung geben, aber das sollte mehr sein als nur zwei Schularten", sagt Strolz zur Debatte, ob es eine Gesamtschule, wie sie die SPÖ will, oder die Erhaltung der Gymnasien geben soll, wie es die ÖVP bevorzugt.

Eigene "Bildungsservice"-Stellen, die in Bildungsregionen von mehreren Bezirken eingerichtet werden, sollen zusätzlich die Qualität der Schulstandorte überprüfen. Diese Servicestellen würden die derzeitigen Landesschulräte und Bezirksschulinspektoren ersetzen.

15 Jahre bis zur Umsetzung

Für die Umsetzung seines Projekts gibt sich Strolz viel Zeit. Er beginnt mit einer Tour durch die Bundesländer, wo Lehrer, Schüler, Direktoren und Experten zu Bildungsforen eingeladen werden. Dort soll das derzeitige Projekt diskutiert werden. In einem "Buntbuch" sollen die Vorschläge aus diesen Foren im Mai 2015 aufbereitet werden. Der Gesetzesentwurf für eine Bildungsreform ist, wie bereits erwähnt, für September 2015 geplant. Die Schulstandorte sollen sich dann selbst entscheiden, ob sie zur "Autonomen Schule" werden wollen. Bis alle Reformen umgesetzt sind, werde es zehn bis 15 Jahre dauern, so Strolz. Für Bildungsreformen brauche man viel Geduld.

Der Ort des ersten "Bildungsforums" dürfte nicht zufällig gewählt sein. Es findet am 9. September in Vorarlberg statt. Dort wird am 21. September der Landtag gewählt. Die neue Partei erhofft sich im Heimatbundesland von Parteichef Strolz drei Mandate. (Lisa Kogelnik, derStandard.at, 14.8.2014)