"Wer nicht provoziert, der hat nichts zu sagen", tönte einst Serge Gainsbourg, nihilistischer Popstar zwischen Eurovisionsschlager, Beischlaf-Evergreen und Roots-Reggae. Nicht nur in puncto Musikbandbreite, auch was das Provokationspotenzial oder den Appetit auf Alkohol und Gitanes angeht, ist der 1958 im algerischen Oran geborene Rachid Taha Gainsbourgs legitimer Nachfolger.

Oran war der Geburtsort des algerischen Rai: eigentlich die mit Flöten und Stimme produzierte Musik maghrebinischer Hirten, die sich in Bars und Bordellen mit diversen Pop-Elementen paarte. Diesen und andere regionale Sounds wie Chaabi hörte Taha von Kindheit an, mit zehn emigrierte die Familie nach Lyon.

Am Donnerstag kommt der Ethnomusikstar nach Österreich. 1979 gründete er die bis 1990 aktive Band Carte de séjour (Deutsch: Aufenthaltserlaubnis), die gleichermaßen von nordafrikanischer Protest- und Rockmusik sowie von Punk und Rockabilly beeinflusst war. Und die den Soundtrack für die antirassistische Bewegung lieferte, etwa indem sie es wagte, Charles Trenets Resistance-Chansonklassiker Douce France mit zornigem arabischem Akzent zu covern. Kein Wunder, dass Eklektiker Taha Clash-Alben wie London Calling oder Sandinista liebt. Diese Seelenverwandschaft zeigt sich auch in Tahas Interpretation des Clash-Hadern Rock The Casbah (bei ihm: Rock El Casbah).

Es gibt auch die Theorie, dass die Clash von Taha zu diesem Hit inspiriert wurden. Dieser hatte den Punks nach einem ihrer Auftritte 1982 ein Demotape überreicht - aus der Zusammenarbeit wurde nichts, da sich The Clash nicht rührten. Inzwischen kooperieren die Musiker aber doch: Auf Tahas Album Zoom (2013) ist Clash-Urgestein Mick Jones mit von der Partie. (dog, DER STANDARD, 13.8.2014)