Von 105.500 wahlberechtigten türkischen Staatsbürgern in Österreich haben sich neun Prozent überhaupt an der Wahl für das türkische Präsidentenamt beteiligt. Davon wählten rund 80 Prozent Erdogan. Was ist die relevantere Nachricht?

Die geringe Wahlbeteiligung - in Deutschland war es ganz ähnlich - erscheint als schwache Ausbeute, wenn man Erdogans Anstrengungen mit Wahlreden vor tausenden und zehntausenden Teilnehmern in Wien und in Köln bedenkt. Das brachte zwar 80 Prozent (in der Türkei). Andererseits: immerhin 80 Prozent. Warum diese geringe Wahlbeteiligung?

Ein Teil der türkischen Staatsbürger dürfte sich auf Urlaub in der Heimat befunden haben (und hat wohl dort gewählt); der Registrierungsvorgang war kompliziert und mühsam. In Österreich gibt es unter türkischen Staatsbürgern ziemlich viele Kurden und Aleviten, die mit Erdogans religiösem Nationalismus wenig anfangen können. Aber der Mobilisierungsgrad ist doch ziemlich bescheiden.

Der türkischstämmige Grünen-Abgeordnete zum Bundesrat, Efgani Dönmez, ein Liberaler, wertet dies als Zeichen, dass die Macht der türkischen Verbände in Österreich stark überschätzt wird. Alle diese Gruppen, von der offiziellen ATIB über die Nationalreligiösen (Milli Görüs) bis zum Unternehmerverband UEDT, haben Erdogan massiv unterstützt. Aber das hat offenbar nur die 150-Prozentigen überzeugt. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 11.8.2014)