Shrimp, Mantis und ihr geflügelter Gefährte: Gemeinsam sammeln sie Daten über die Beschaffenheit der Pflanzen und des Bodens.

Foto: ACFR

Der solarbetriebene Roboter Ladybird soll in Zukunft Salat ernten und Unkraut jäten können.

Foto: ACFR

Andere Roboter vermessen Weingärten und zählen Trauben, um den Ertrag der Winzer zu schätzen.

Foto: Mark Whitty

Wien - Andrew Bate ist Landwirt in Queensland, im Norden Australiens. Seine Farm ist über 9000 Hektar groß, das ist zweimal die Fläche von Floridsdorf. Vor einigen Jahren hatte er in einen Pflanzenschutzspritzer für seine Getreidefelder investiert: 36 Meter lang und 21 Tonnen schwer. Doch größer ist nicht immer besser. Die Reifen des Ungetüms hatten ellentiefe Abdrücke hinterlassen - für den Ackerboden eher ungünstig.

Heute arbeitet Bate gemeinsam mit dem Institut für Field Robotics an der Universität Sydney an einem Projekt, um die großen Geräte durch lauter kleine, leichte Roboter zu ersetzten. Sie sollen miteinander kommunizieren und verschiedene Arbeiten verrichten.

Säen, ernten, Trauben zählen

Am Institut wird fleißig an Agrarrobotern getüftelt. Shrimp und Mantis etwa fahren selbstständig durch Apfelplantagen, zählen Früchte und liefern eine exakte Beschreibung ihrer Umgebung, inklusive Bodenbeschaffenheit. So kann punktgenau bestimmt werden, wo es sich auszahlt zu säen oder welcher Teil des Feldes wie viel Bewässerung benötigt. Unterstützt werden sie dabei aus der Luft: Ein kleiner, helikopterähnlicher Roboter liefert Bilder aus der Vogelperspektive.

Ein weiterer Roboterkollege, der solarbetriebene Ladybird, sammelt ebenfalls Informationen und soll in Zukunft mithilfe seines Roboterarms auf Gemüsefeldern gleichzeitig Unkraut entfernen und ernten können. Und ein weiterer - dessen Äußeres an ein Golfmobil erinnert - kann Unkraut eigenständig als solches erkennen und gezielt besprühen. Der Einsatz von Spritzmitteln kann so reduziert werden. An der University of New South Wales wird indessen an elektronischen Arbeitern gewerkt, die Weingärten vermesse, Trauben zählen und so den Winzern helfen, ihren zukünftigen Ertrag zu schätzen.

Roboter füllen Obstschüssel

Alles in allem sollen die Roboter die Agrarproduktion effizienter gestalten. Ganz im Sinne der Regierung: Australien möchte die "Obstschüssel" Asiens werde. Das Land hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt und will seine Lebensmittelexporte nach Asien erhöhen, um von der dort steigenden Nachfrage zu profitieren.

Die wachsende Automatisierung wird auf die Weltmarktpreise drücken. Andreas Gronauer vom Institut für Landtechnik an der Universität für Bodenkultur in Wien meint, dass das zu einem Problem für die österreichischen Bauern werden könnte, wenn diese nicht gefördert werden oder mitziehen. Man müsse aber unterscheiden: In Innenräumen laufe auch auf dieser Seite des Globus schon viel automatisiert. "Ihr spinnt wohl mit diesen Melkrobotern!", habe man etwa vor 15 Jahren in Bayern zu ihm gesagt.

Heute laufen dort bereits 300 Stück davon, und der Prototyp von damals ist im Deutschen Museum in München ausgestellt. Kaum ein Großbetrieb baue heute sein Haltungssystem um, ohne einen Melkroboter mit einzuplanen. Dieser mache ab 60, 70 Kühen auch Sinn, sagt Gronauer.

Kleine Roboter für kleine Betriebe

Was die Automatisierung im Außenbereich anbelangt, so tut sich hierzulande weniger. Gerald Steinbauer von der TU Graz ist sich unsicher, ob Österreich beim Ackerbau von einer starken Automatisierung profitieren würde. Selbstständige Mähdrescher, Traktoren und Sprühmaschinen im Großformat würden bei kilometerlangen, flachen Feldern Sinn machen. 93 Prozent der heimischen Betriebe aber haben laut Statistik Austria eine landwirtschaftlich genutzte Anbaufläche von weniger als 50 Hektar.

Zum Vergleich: Nur rund ein Drittel der australischen Betriebe befindet sich laut Australian Bureau of Statistics in dieser Größenkategorie. Ein weiteres Drittel ist zwischen 50 und 500 Hektar groß, der Rest hat sogar eine Fläche von mehr als 500 Hektar. Der Australier Bate aber verteidigt seine Roboterschwärme. Diese könnten auch bei kleineren Höfen zum Einsatz kommen: Während große Betriebe 30 bis 40 der elektronischen Arbeiter einsetzten, könnten kleinere einen einzigen verwenden und hätten so einen leistbaren Zugang zu modernden Technologien.

Nicht nur in Down Under

Pionierprojekte auf dem Feld, mit Robotern, die punktgenau Unkraut besprühen oder ausreißen, gibt es auch in Österreich schon. Und in Südtirol werden spinnenartige Roboter zum Apfelpflücken eingesetzt. Mit ihren Laserköpfen erkennen sie den Reifegrad einer Frucht und pflücken diese mit einem ihrer 24 Arme, ohne Druckstellen zu verursachen.

Ebenfalls im Kommen sind halbautomatisierte Traktorkarawanen, aufgebaut nach einem "Leader-Slave-Konzept". Der erste Traktor wird gefahren, die Maschinen dahinter arbeiten eigenständig. So kann gleichzeitig gepflügt, geeggt und gesät werden. Von gänzlich führerlosen Traktoren hält Gronauer aufgrund des Verkehrsschutzes wenig. Man stelle sich vor, ein Traktorroboter verursachte einen Unfall mit einem Spaziergänger.

Auch Bate hält den fahrerlosen Traktor für kein erstrebenswertes Konzept. Es solle nicht das Ziel sein, den Bauern komplett zu ersetzten. Doch der Strukturwandel macht auch den Australiern zu schaffen: In den vergangenen drei Dekaden hat sich die Zahl der Landwirte dort um 40 Prozent reduziert. Für Robert Fitch vom Centre for Field Robotics ein weiterer Grund, in Automatisierung zu investieren. Und der damit einhergehende Bedarf an Informationstechnologen könne den Agrarsektor auch für Junge attraktiver machen. (Sonja Spitzer, DER STANDARD, 11.8.2014)