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Michael Ritsch (rechts) hat Ratschläge für Kanzler Faymann.

Foto: APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Wien - SPÖ-Chef Werner Faymann bleibt in Sachen Steuerreform unter Druck. Der Vorarlberger SP-Vorsitzende Michael Ritsch geht im APA-Interview davon aus, dass die Koalition zu einem Ende kommt, wenn 2015 keine Entlastung bringt: "Damit ist natürlich auch die Geschichte des Werner Faymann beendet, denn ohne Koalition gibt es auch keinen Bundeskanzler Werner Faymann."

Nach Einschätzung Ritschs halten sich derzeit zwei Gruppen in der SPÖ die Waage: jene, die Faymann gutschreiben, dass er doch eine ganze Menge an vermögensbezogenen Steuern herausgeholt habe, und jene, die meinen, der Kanzler könne sich gegen die ÖVP nicht durchsetzen. Komme nun kommendes Jahr keine Entlastung, werde sich die Waage in Richtung der zweiten Gruppe bewegen, und "die große Koalition ist Geschichte".

Ob Faymann dann noch einmal gewählt werde, als Spitzenkandidat für die SPÖ in eine Wahl zu gehen, "weiß ich nicht", sagt Ritsch, um kurz darauf zu relativieren: "Man tut immer so schlecht, aber ich frag mich, wer besser ist."

Bei der SPÖ-Bundespartei sorgen die Aussagen Ritsch jedenfalls nicht für Begeisterung: "Zwischenrufe dergestalt sind nicht sonderlich hilfreich", äußert Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sein "Unverständnis".

Jetzt gehe es darum, öffentlich Druck aufzubauen und in der entsprechenden Arbeitsgruppe Überzeugungsarbeit zu leisten: "Gedankenspiele, Manöverkritik und Fehlanalysen beschleunigen diesen Prozess mit Sicherheit nicht", meinte Darabos in Richtung Vorarlberg.

Landtagswahl im September

Freilich hat Ritsch auch eigene Sorgen, gilt es für die SPÖ doch, am 21. September eine Landtagswahl aus schwieriger Ausgangsposition zu schlagen. Beim letzten Mal war man mit zehn Prozent gerade noch zweistellig geblieben, und der Spitzenkandidat schließt nicht aus, dass es diesmal noch übler kommen könnte: "Alles ist möglich zwischen acht und 13 Prozent."

Die Hoffnung hat Ritsch aber nicht aufgeben, sei die SPÖ doch "extrem motiviert" und bringe gute Vorschläge wie eine Gratis-Kinderbetreuung, weshalb er davon ausgehe, "dass es uns gelingt, etwas zuzulegen", was ein viertes Mandat bedeuten würden. Was ein weiterer Rückfall in der Wählergunst und ein allfälliger Verlust des Klubstatus mit nur noch zwei Landtagssitzen bedeuten würde, will er nicht überlegen: "Das kann ich immer noch am 22. September."

SPÖ seit 46 Jahren in Opposition

Lieber denkt Ritsch darüber nach, wie es als Landesrat wäre: "Die SPÖ ist mittlerweile so lange in Opposition, wie ich alt bin", betont der 46-Jährige und befindet, dass es der Partei daher guttäte, einmal in Regierungsverantwortung zu kommen, da gestalten immer besser sei, als nur Opposition zu machen. Dies gelte umso mehr, als die ÖVP ohnehin ständig gute SP-Vorschläge, beispielsweise im Wohnbau oder der Kinderbetreuung, aufnehme und sie dann als eigene Ideen verkaufe.

Selbst würde der rote Spitzenkandidat gerne den Wohnbau verantworten, wie er es über viele Jahre in der Landeshauptstadt Bregenz gemacht hat. Wirklich daran glauben tut Ritsch allerdings nicht, wiewohl er "auf menschlicher Ebene" mit Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) gut könne. Nichtsdestotrotz geht er davon aus, dass nach fünf Jahren Pause wieder Schwarz-Blau kommt: "Das war schon immer so in Vorarlberg. Man schimpft über die Blauen, weil sie so ausländerfeindlich sind, und dann holt man sie doch ins Bett."

Vorwürfe gegen ÖVP

In Sachen Zuwanderungspolitik sieht Ritsch auch gleich die ÖVP in Verantwortung. Dass Vorarlberg die Quote zur Grundversorgung für Asylwerber nicht zu 100 Prozent erfüllt, ist für den SP-Landeschef "durch nichts zu entschuldigen". Immerhin gelinge es auch im viel ländlicheren Burgenland. Verantwortlich dafür macht Ritsch auch den Landeshauptmann. "Sozial ist man, wenn es darum geht, in der Kirche in der ersten Reihe zu sitzen, aber wenn es darum geht, Menschen zu helfen, macht man es nicht, weil es ist nicht hip ist, Asylwerbern zu helfen. Da kommt dann die blaue Ader durch."

Sollte es also tatsächlich wie zu erwarten nichts mit einer Regierungsbeteiligung im Land werden, dürfte es Ritsch wieder in der Stadt versuchen und ein drittes Mal für das Amt des Bregenzer Bürgermeisters kandidieren: "Mich reizt der Job als Bürgermeister der Landeshauptstadt extrem." Zudem werde er ständig von Bürgern darauf angesprochen, dass er unbedingt wieder antreten müsse.

Dass es für ihn schwer wird, weiß Ritsch, der 2005 immerhin in die Stichwahl gegen Amtsinhaber Markus Linhart (ÖVP) gekommen war, 2010 diese allerdings deutlich verpasst hatte: "Linhart ist nächstes Jahr 17 Jahre Bürgermeister, und jemanden nach dieser langen Periode auszuhebeln ist sehr schwierig." (red, APA, 8.8.2014)