Wenige Wochen nach dem offiziellen Startschuss für Android Wear lässt sich zumindest eines bereits sagen: Google scheint es gelungen zu sein, das Interesse der Entwickler für Wearables zu wecken. So sind mittlerweile eine ganze Reihe von Apps speziell für Android Wear optimiert oder gar vollständig neu entwickelt worden. Vielem davon ist anzumerken, dass auch die Entwickler erst herausfinden müssen, was auf einer Smartwatch Sinn ergibt - und was schlicht Unfug ist. Und doch sind bereits einige wirklich nützliche Apps entstanden, von denen im folgenden eine Auswahl vorgestellt werden soll.

Basics

Doch zuerst ein paar grundsätzliche Worte: Prinzipiell unterstützt jede App, die die erweiterten Möglichkeiten des Benachrichtigungsbereich von Android 4.3+ nutzt automatisch auch Android Wear. So werden also etwa Wiedergabekontrollen direkt von der Smartwatch übernommen, und lassen sich auch von dort aus steuern. All die in Folge vorgestellten Apps gehen also über diese Basisunterstützung hinaus. Dabei gibt es zweierlei Apps: Einerseits solche, die als “Begleiter”-App gedacht sind, die mit der Smartphone-App mitgeliefert werden. Andererseits gibt es aber auch Apps, die alleine für Android Wear entwickelt wurden. Allen gemein ist , dass sie auf jenem Smartphone installiert werden, dass mit der Smartwatch verbunden ist. Die Android-Wear-App kümmert sich dann darum die Wear-spezifischen Paket direkt an die Uhr zu schicken.

Screenshots: Andreas Proschofsky / derStandard.at, Google

Wenig überraschend kommt so manche frühe Android-Wear-Unterstützung direkt von Google. So integriert sich der Messenger Hangouts in der aktuellen Version bereits mit einer Smartwatch. Neben neuen Textnachrichten werden dabei auch Bilder und verschickte Standortinformationen bildschirmfüllend dargestellt. Wer will kann die aktuellen Diskussionen aber nicht nur mitlesen sondern auch mit diesen interagieren. Dies funktioniert primär mittels Spracheingabe, zudem werden aber auch einige vordefinierte Antworschnippsel von “Yes” bis “I agree” oder “On my way” zur Schnellauswahl geboten. Sehr nützlich vor allem für all jene, die nicht gar so gerne in der Öffentlichkeit mit ihrer Uhr sprechen. Vor kurzem hat übrigens WhatsApp nachgezogen, die aktuelle Version der Android-App bietet ähnliche Wear-Integration wie die Google-Software. Selbiges gilt mittlerweile auch für den Facebook Messenger.

Screenshots: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Wer Android Wear nutzt wird bald einen einfache erreichbaren App Launcher vermissen, ist dieser doch in der Google-Software bisher in den Untiefen der Systemeinstellungen versteckt. Der Wear Mini Launcher bessert dieses Defizit aus. Über einen Swipe vom linken Bildschirmrand kann der Anwendungsstarter aufgerufen werden. Ein zweiter solcher Swipe wechselt auf eine Einstellungskarte. Auf dieser können nicht nur einige Smartwatch-Parameter wie die Helligkeit des Bildschirms festgelegt werden, wer will kann auch das Smartphone lautlos schalten oder das WLAN (de)aktivieren.

Screenshots: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Die Fitness-Apps Runtastic / Runkeeper unterstützen ebenfalls bereits Android Wear. So wird beim Start der Smartphone-App automatisch auch eine Karte auf der Smartwatch angezeigt, die fortan zur Steuerung genutzt werden kann. Es lassen sich also Sessions starten, pausieren und beenden ohne zum Smartphone greifen zu müssen. Auch aktuelle Informationen zu zurückgelegtem Weg und verbrannten Kalorien lassen sich am doieser Stelle rasch überprüfen. Gut mitgedacht ist, dass die Fitness-Informationen automatisch als erste Karte positioniert werden, wodurch die bisher gelaufene Zeit auch im Standby-Modus dargestellt wird.

Screenshots: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Mit Google Keep lassen sich am Desktop, Smartphone oder Tablet einfache Notizen und Checklisten erstellen. Dies funktioniert nun auch auf der Smartwatch, wo die aktuellsten Notizen zur Verfügung stehen. Wer mit dem Lesen fertig ist, darf diese zudem auch gleich archivieren. Als besonders nützlich erweist sich Google Keep im Zusammenspiel mit TODO-listen, können hier doch einzelne Punkte - etwa beim Einkaufen - direkt von der Smartwatch aus abgehakt werden. Wem das noch nicht reicht, der kann auch zu Evernote for Android Wear greifen, mit dem neue Notizen per Spracheingabe diktiert werden können. Zudem werden hier Notizen, die am Smartphone gelesen werden, automatisch auch auf der Smartwatch geöffnet.

Screenshots: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Wer schnell mal etwas ausführlichere Informationen zu einem Thema braucht, als sie von Google Now geliefert werden, kann zu Attopedia greifen. Dabei handelt es sich um einen Android-Wear-Client für Wikipedia. Die Suche wird dabei per Spracheingabe initiiert, bei Unklarheiten kann aus mehreren Ergebnissen gewählt werden. Im Artikel lässt sich dann über Bilder zwischen den einzelnen Kategorien wechseln. All dies ist sehr gut durchdacht umgesetzt, für all zu lange Texte ist die Uhr aber natürlich trotzdem nicht der richtige Bildschirm.

Foto: Pixtocam

Mit dem aktuellsten Update für die Google Camera lässt sich die Smartwatch als Fernauslöser nutzen. Dazu reicht es die Kamera-App am Smartphone aufzurufen, auf der Uhr wird dann automatisch ein Knopf zum Auslösen der Aufnahme angeboten - dies mit einer fix festgelegten Verzögerung von 3 Sekunden. Eine nette Idee, die allerdings noch einiges Verbesserungspotential hat, wie Dritthersteller beweisen. So bietet etwa die Wear Camera Remote zusätzlich eine Vorschau am Smartwatch-Bildschirm an, und erlaubt das Festlegen diverser Parameter. Und die Kauf-App Pixtocam erlaubt gleich eine Fülle erweiterter Möglichkeiten, etwa einen Videomodus oder die Fernbedienung des Zooms.

Foto: Wear Aware

Als sehr nützlich erweist sich Wear Aware: Dieses warnt davor, wenn die Verbindung zwischen Smartphone und Smartwatch abbricht - und verhindert damit recht effektiv, dass das Mobiltelefon zuhause vergessen wird. Und falls das Smartphone mal nicht auffindbar ist, kann es von der Uhr aus zum Läuten gebracht werden. Angemerkt sei, dass es mittlerweile zahlreiche andere Apps gibt, die ähnliches bieten. Dies gilt auch für Wear Lock: Damit versucht ein Entwickler, eines der angekündigten Features von Android L vorwegzunehmen. Die App erlaubt es nämlich die Lock-Screen-Sperre automatisch zu deaktivieren, wenn die Smartwatch in der Nähe ist. Eine bedeutende Einschränkung gibt es derzeit aber noch: Dies funktioniert nicht mit verschlüsselten Smartphones.

Screenshots: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Allthecooks recipes will schon bislang hilfreich beim Kochen zur Seite stehen. Künftig beschränken sich diese Ambitionen aber nicht länger nur auf das Smartphone oder Tablet. Mit der integrierten Wear-App lassen sich einzelne Rezepte gezielt an die Smartwatch schicken, und werden dort dann schrittweise aufgelistet. Der regelmäßige Griff zum Smartphone zwischen einzelnen Kochvorgängen entfällt also. Rezepte einer ganz anderer Natur bilden die Basis von IFTTT (“If this then that”), mit dem sich so ziemlich alles automatisieren lässt, wofür sich eine Regel erstellen lässt. Ein sehr mächtiges Tool, das mittlerweile auch die Smartwatch einbeziehen kann. Speziell angepasste Regeln gibt es auf der Webseite der Entwickler.

Screenshots: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Wer zwischendurch mal seine Sprachkenntnisse verbessern will, hat eventuell schon von Duolingo gehört. Mit dessen Android-Wear-Version lassen sich nun auch direkt von der Uhr aus schnell mal Vokabeln lernen. Das Interface ist dabei bewusst simpel gehalten - und erlaubt so ein schnelles Abarbeiten vieler Begriffe.

Vermischtes

Einige weitere interessante Android-Wear-Apps seien nur in einem Schnelldurchlauf erwähnt: So ermöglicht die aktuellste Version von LinkBubble beliebige Webseiten vom Smartphone an die Smartwatch zu schicken. Wer gerne den Alltag digital organisiert, wird sich darüber freuen, dass Trello mittlerweile auch von Android Wear aus genutzt werden kann. Mit Hue Control wird die Smartwatch wiederum zur Fernsteuerung für Philips Hue-Lampen.

Screenshots: Andreas Proschofsky / derStandard.at, Q42, LinkBubble

Dank Musixmatch kann synchron zu gerade laufender Musik der passenden Liedtext auf der Smartwatch dargestellt werden. Glympse erlaubt es schnell den eigenen Standort mit Dritten zu teilen. Und natürlich gibt es jede Menge Apps, die das Aussehen der Uhr verändern können - auch wenn Google davon aufgrund mangelnder, offizieller Programmierschnittstellen noch abrät. Hier werden wohl viele solcher Apps nach dem Update auf Android L nicht mehr richtig funktionieren. Natürlich ist das kein Grund diese nicht zumindest bis dahin zu nutzen.

Posten!

Zum Schluss sei noch einmal auf den unausweichlich subjektiven Charakter einer solchen Auswahl hingewiesen. Insofern seien die Leserinnen und Leser dazu aufgefordert, eigene Empfehlungen zu posten. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 7.9.2014)