Caesar, besonnener Anführer der Affen: Auch in "Planet der Affen: Revolution" wird er wieder von Andy Serkis zu Leben erweckt.

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Wien - Affen fehlen die anatomischen Voraussetzungen, um sich verbal auszudrücken. Das gilt freilich nur für die schnöde Wirklichkeit, nicht für den Fantastischen Film. In "Planet der Affen: Revolution (Dawn of the Planet of the Apes)", dem zweiten Teil der Prequel-Trilogie, haben sich die Primaten zivilisatorisch gemausert. Die Gemeinde lebt in Marin County, nicht weit von San Francisco entfernt, in einer an Felsen errichteten Stadt aus Holz. Untereinander unterhalten sich die Tiere zwar in Lauten und Gesten.

Aber eine Schultafel beweist, dass auch rudimentäres Englisch gelehrt wird. Das wichtigste Gebot lautet "Ape not kill ape". Die wichtigste Frage des Films, was den einmal mit Vernunft ausgestatteten Affen noch vom Menschen unterscheidet.

Paradies mit Ablaufdatum

Wir erinnern uns: Am Ende von Teil eins des erfolgreichen Reboots der Filmserie gelang es dem klugen Schimpansen Caesar, aus der Gefangenschaft auszubrechen. Dass die Menschheit in der Zwischenzeit an einem tödlichen Virus zugrunde gegangen ist, das erzählt Matt Reeves' Fortsetzung schon im Vorspann.

Es ist eine Rückkehr in eine Vorzeit, die zugleich eine Nachzeit ist, die der Film entwirft: Die vom besonnenen Anführer Caesar gelenkten Affen - Andy Serkis, der König der "performance capture", steckt erneut im digitalen Kostüm -, versucht ein autarkes Dasein für seine Artgenossen zu ermöglichen. Das friedvolle Miteinander weist Parallelen zu menschlichen Urgesellschaftsformen auf. Dass dieses vermeintliche Paradies ein Ablaufdatum hat, liegt damit schon auf der Hand.

Die Gefahr kommt, wie könnte es anders sein, in menschlicher Gestalt. Es handelt sich um einen Stoßtrupp, der von den letzten Überlebenden aus San Francisco losgeschickt wurde. Er soll sondieren, ob sich der Staudamm nahe der Affen-Hochburg in Betrieb nehmen lässt - die Stromressourcen in der Stadt werden knapp, ein von Gary Oldman labil-hetzerisch verkörperter Leithammel verlangt Taten. Daraus erwächst die zentrale Konfrontation, die sich zunehmend verschärft - ein im US-Kino (vor allem im Western) oft erprobtes Narrativ, in dem von der Angst vorm gefürchteten Feind über das versöhnliche Aufeinanderzugehen bis zum inneren Verrat etliche Schattierungen enthalten sind.

Blockbuster-Logik

Die große Stärke des ersten Teils, "Planet der Affen: Prevolution", war seine klare, übersichtliche Struktur. Caesar, fast wie ein Menschenkind großgezogen, muss auf drastische Weise die Zugehörigkeit zu seiner Art entdecken. Der technologische Fortschritt in der "performance capture" ermöglichte es, dass man sich als Zuschauer mit dem Affen und seinem Blick auf die Welt auf neue Weise verbunden fühlte.

Für "Revolution" gilt dies nur eingeschränkt. Zwar sind die Menschen - allen voran Jason Clarke und Keri Russell, die als Kernfamilie wie ein konsenssuchendes Diplomatenteam zu den Affen vorrückt - auch diesmal eher schematisch gezeichnete Nebenfiguren. Allerdings wird auch die äffische Gemeinschaft in mehrere Charaktere aufgesplittet: in gute, weise und zur Kriegsraserei neigende - eine Aufteilung, die den Film nebst der erzählerischen Verästelung etwas schlichter, auch weniger aus einem Guss erscheinen lässt. Die Blockbuster-Logik, die nach genau getakteten dramatischen Einschnitten abläuft, scheint diesmal weit deutlicher durch.

Im Vergleich zu ähnlich groß budgetierter US-Sommerware ist der Film zumindest mehr als die Summe seiner Teile. Antike Dramen klingen schon mit dem Helden Caesar an, der in Koba (Toby Kebbell) einen verschlagenen Gegenspieler in den eigenen Reihen hat. Die beiden sind auch zwei sehr anschauliche Beispiele dafür, wie unterschiedlich sich Intelligenz anwenden lässt.

Unausweichliche Kriege

Die Düsternis dieses Sequels liegt in der Unausweichlichkeit, mit der es den Kreislauf der Demütigungen nachzeichnet. Der Krieg bleibt in Planet der Affen: Revolution ein Verhängnis aus der Vergangenheit, das sich immer wieder aktualisiert - im Augenblick des größten Triumphs beginnt auch das (etwas zu routiniert abgespulte) Fiasko der Schlacht. Insgesamt erhält der Film dadurch eine allegorische Dimension, in der man durchaus auch gegenwärtige Konflikte erkennen kann.

Es sind nicht zuletzt visuelle Details, die Regisseur Matt Reeves am besten gelingen. Die Art und Weise, wie er auf Gesten setzt, die den Rang im Affenuniversum unterlaufen oder bestätigen können; oder das Vertrauen, das er in einen eigentlich zurückgenommen agierenden Andy Serkis legt, dessen nachdenklicher Blick den Film nicht ohne Grund wie eine Schleife umschließt. In seinen Augen flackert das Wissen auf, dass das fatale Schicksal der Menschen auch die Affen ereilen kann. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 6.8.2014)