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ÖTV-Präsident Leitgeb reagierte auf die Thiem-Kritik.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Tennisverbandspräsident Ronald Leitgeb hat am Dienstag keinen Brief verschickt, in der heutigen, technisierten Zeit muss der Funktionär nicht mehr aufs Postamt gehen. Er veröffentlichte seine Ansichten zum "Fall Dominic Thiem" auf der Website.

Zur Vorgeschichte: Der 20-jährige Thiem wurde vom ÖTV nie gefördert, der Bursche ist also allein bis auf Platz 44 der Weltrangliste geklettert, Tendenz steigend. Allein ist relativ, seine Eltern (Vater Wolfgang ist Tennistrainer) und Günter Bresnik haben sich um das Supertalent gekümmert, die Großeltern haben zwecks Finanzierung sogar eine Wohnung verkauft. Dem Verband ist die Begabung entgangen. Im Herbst 2013 hat sich dann doch das schlechte Gewissen gemeldet, es wurde ein dreijähriger Fördervertrag (46.000 Euro pro Saison) vereinbart. Während des Turniers in Kitzbühel wurde publik, dass der Kontrakt seitens des ÖTV aufgekündigt worden war. Das war rechtens, es gab eine diesbezügliche Klausel.

Sporthilfe für Alaba

Leitgeb schrieb in seinem Brief "aufgrund der finanziellen Selbständigkeit Thiems" bestehe kein Bedarf mehr. Es sei wohl verständlich, dass öffentliche Gelder nur dort eingesetzt werden dürfen, wo eine Notwendigkeit bestehe. Das Argument ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Würde Fußballer David Alaba Sporthilfe kassieren, frage nicht, die Nation wäre perplex.

Thiem war bei Vertragsunterzeichnung die Nummer 280, er hat Leitgeb mit der Rasanz wohl überrascht. Vater Wolfgang Thiem sagte dem Standard, er empfinde den Brief als befremdlich, wolle aber kein weiteres Öl ins Feuer gießen. "Als Manager hat Leitgeb die Dinge anders gesehen, und da hat er anders gehandelt." Leitgeb betreute einst Thomas Muster, Tamira Paszek und kümmert sich nach wie vor um Jürgen Melzer. Seine Exschützlinge Clemens Trimmel (jetzt Sportdirektor und Daviscup-Kapitän) und Markus Hipfl wurden vom ÖTV großzügig unterstützt, ihre Erfolge waren nicht gerade fulminant. Bresnik und Leitgeb konnten übrigens nie miteinander.

Leitgeb braucht Thiem

Natürlich sei es, so Wolfgang Thiem, positiv, dass Dominic auf eigenen Füßen stehe. Er hat heuer 320.000 Euro Preisgeld erwirtschaftet. "Es handelt sich aber um eine Bringschuld. Mir kommt das vor, als ginge einer ins noble Restaurant essen, zahlt die Rechnung nicht, weil er kein Geld hat. Drei Jahre später ist er Millionär, geht wieder hin, begleicht die alten Schulden nicht. Das gehört sich nicht."

Leitgeb braucht Thiem, damit seine Amtszeit, die im März 2012 begonnen hat, nicht als eine der unerfolgreichsten in die Historie eingeht. Also schrieb er Versöhnliches: "Er ist die Zukunft des österreichischen Tennissports. Die Kooperationsbereitschaft seitens des ÖTV war und ist gegeben."

Dominic Thiem ist dieser Tage beim Turnier in Toronto tätig. Ob er Daviscup spielt, lässt sein Vater offen. "Warum nicht? Es hängt immer von den handelnden Personen ab. Thomas Muster wäre ein geeigneter Daviscup-Kapitän." (Christian Hackl, DER STANDARD, 06.08.2014)