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Intelligenz und die Zeit für das Erfassen visueller Eindrücke im Alter hängen offenbar stärker zusammen, als angenommen.

Foto: Reuters/JAMAL SAIDI

Edinburgh - Selbst schlaue Köpfe werden im Alter deutlich langsamer: Ihre Denkfähigkeit sinkt, sie sind nicht mehr so schnell wie früher beim Erfassen von komplexen Zusammenhängen. Langsamer werden sie aber auch bei der visuellen Wahrnehmung. Ein flüchtiger Blick reicht oft nicht mehr, um über die gesehenen Informationen hundertprozentig sicher zu sein.

Beide Entwicklungen sind seit langer Zeit bekannt. Dass sie eng miteinander verbunden sind, haben nun erstmals Wissenschafter der University Edinburgh anhand einer besonders aufwändigen, mehrjährigen Studie mit 628 gesunden älteren Menschen herausgefunden.

Die Testpersonen unterzogen sich im Alter von 70, 73 und 76 Jahren einem Intelligenztest. Die Wissenschafter untersuchten dabei aber auch die "visual inspection time", also die Zeit, die die Studienteilnehmer brauchten, um sich über eine visuelle Wahrnehmung sicher zu sein. Die Testpersonen sahen ein kurz aufblitzendes Bild von einer geometrischen Form und mussten danach so schnell wie möglich entscheiden, welche von zwei möglichen Formen sie gesehen hatten. Die Ergebnisse der Studie, die in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Current Biology" publiziert wurden, zeigten eine deutliche Korrelation zwischen der Abnahme der Intelligenz und der Zunahme der "inspection time".

"Überraschend war, wie stark die beiden Fähigkeiten zusammenhängen, weil Intelligenz und die Zeit für das Erfassen visueller Eindrücke zwei völlig unterschiedliche Parameter sind", wird der Erstautor der Studie, Stuart Ritchie, in einer Aussendung zitiert.

Eine Art Biomarker

Der Wissenschafter zieht aber auch schon weitere Schlüsse: "Menschen, die im Alter ihr Denkvermögen weitgehend behalten, können Informationen über flüchtige Blicke besonders schnell erfassen." Die "inspection time" könnte also, sagt Ritchie, eine Art Biomarker für die Abnahme der Denkfähigkeit im Alter sein.

Die Forscher hoffen auf Basis dieser Erkenntnisse, dass ihr Test als Software entsprechend vereinfacht auch eine breitere Anwendung finden könnten. Dabei könnte man Kinder, Erwachsene, aber auch Patienten testen, die an Demenz leiden. "Das wäre mit Sicherheit wesentlich einfacher als komplizierte, langwierige IQ-Tests", sagt Ritchie. (pi, DER STANDARD, 5.8.2014)