Die Tunnel der Hamas sind weitgehend zerstört, und auch die Feuerkraft aus dem Gazastreifen dürfte bald abnehmen: Die radikalen Gruppen sind militärisch geschwächt, und das war das erklärte Kriegsziel Israels. Aber obwohl auch die israelische Offensive etwas zurückgefahren wird, scheint gleichzeitig auf israelischer Seite ein Paradigmenwechsel stattzufinden.

Israel zögert, in Verhandlungen über eine Waffenruhe zu gehen, auch wenn die Chancen, dass sie hält, mit der Schwächung von Hamas und Konsorten besser geworden sind. Aber langsam setzt sich die Meinung durch, dass auch die politischen Realitäten im Gazastreifen geändert werden müssen. Denn bei Erhaltung des Status quo wird auch die "Abrüstung" nicht von Dauer sein: Das ist die Lektion von 2008 und 2012. Die Regierung steht natürlich auch deshalb unter Druck, weil nach Kriegsende nicht nur eine Kosten-Nutzen-Rechnung - inklusive der zivilen Opfer in Gaza - angestellt, sondern auch über Versäumnisse der vergangenen Jahre debattiert werden wird.

Für seine neuen Ziele in Gaza hat Israel zwei Möglichkeiten: Entweder es besetzt den Gazastreifen - oder es stützt sich auf die Palästinenserbehörde und Mahmud Abbas. Mit internationalem Konsens und starker Unterstützung aller Art könnte diese Lösung sogar gelingen - aber nur dann halten, wenn Israel selbst zu politischen Konsequenzen bereit ist. Diese haben einen Namen: der Staat Palästina. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 4.8.2014)