Jerusalem/Gaza - Das "Hannibal-Protokoll", auch "Hannibal-Direktive" genannt, ist nach israelischen Medienberichten eine inoffizielle Weisung der Armee. Sie hält demnach Offiziere dazu an, eine Entführung ihrer untergebenen Soldaten "mit allen Mitteln" zu vereiteln - auch wenn dabei das Leben des Verschleppten gefährdet wird.
Zu hoch ist der Preis, den Israel im Fall einer Entführung zahlen müsste. Im bekanntesten Beispiel ließ Israel rund 1.000 palästinensische Gefangene frei - im Gegenzug entließ die im Gazastreifen herrschende Hamas den verschleppten Soldaten Gilad Shalit aus der Geiselhaft.
Abgeänderte Form
Das "Hannibal-Protokoll" soll derartige Deals verhindern. Nach Medienberichten soll es im Jahr 1986 von drei israelischen Offizieren formuliert worden sein. Demnach soll es erlaubt sein, die Entführer mit Handfeuerwaffen zu attackieren. Sollte der Soldat in ein Fahrzeug verschleppt worden sein, werde "alles getan", um es an der Weiterfahrt zu hindern.
In den 1990er-Jahren wurde die Direktive aufgehoben, nach dem Fall Shalit aber - in abgeänderter Form - wieder in Kraft gesetzt, wie israelische Medien berichteten. So hieß es, Kameraden dürften nur auf die Räder des Fluchtwagens zielen - nicht aber auf das Auto selbst. Soldaten einiger Bataillone berichteten allerdings, ihre Offiziere hätten sie angewiesen, die Direktive weiterhin in ihrer ursprünglichen Form zu befolgen.
Auch im aktuellen Gaza-Krieg könnte das "Hannibal-Protokoll" zur Anwendung kommen. Die Angriffe der Armee konzentrierten sich auf die Gegend um Rafah - offenbar um zu verhindern, dass der am Freitag entführte Hadar Goldin ins Hinterland verschleppt wird. (APA, 2.8.2014)