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Des einen Tor, des anderen Trauma: Ein bisschen Verständnis von Wahrscheinlichkeiten kann entscheidend sein.

Foto: Reuters / Paulo Whitaker

London/Wien - Nirgendwo im Fußball liegen Triumph und Entsetzen so nahe beisammen wie im Elfmeterschießen. Reine Glückssache sei es, sagen die einen Fußballexperten - reine Nervensache, meinen die anderen. Nur in einem Punkt sind sich fast alle einig: Der Druck laste ganz auf dem Schützen, der Torwart hingegen könne im Grunde gar nichts falsch machen. Doch das ist eine Fehlannahme, schreiben britische Forscher im Fachmagazin "Current Biology".

Für ihre Arbeit über kognitive Strategien haben Erman Misirlisoy und Patrick Haggard vom Londoner University College insgesamt 37 Elfmeterschießen in den Welt- und Europameisterschaften von 1976 bis 2012 ausgewertet und sind dabei auf ein typisches Torwartverhalten gestoßen. Je öfter hintereinander der Ball auf die eine Seite geschossen wurde, desto eher waren die Torleute geneigt, beim nächsten Mal auf gut Glück zur anderen Seite zu springen.

Der Denkfehler

Tut ein Torwart das, sitzt er einem als "Spielerfehlschluss" bekannten Logikfehler auf, so die Forscher. Es ist der Irrglaube, dass ein Zufallsereignis wahrscheinlicher wird, wenn es längere Zeit nicht eingetreten ist. Denselben Fehler begeht jeder, der beim Roulette auf Schwarz setzt, nur weil zuvor ein paar Mal hintereinander Rot gekommen ist.

Überraschenderweise nutzten die Schützen diesen Denkfehler nie aus. Die Statistik zeigte eine weitestgehende Gleichverteilung von Schüssen nach links oder rechts ohne jedes System.

Vermutlich ist jeder Schütze zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um die gesamte Ereignisabfolge eines Elfmeterschießens im Auge zu behalten, schreiben die Forscher. Ein Trainer aber könnte eine entsprechende Strategie entwerfen - und genau dann, wenn der Torwart am wahrscheinlichsten zur einen Seite hechten wird, den Ball zur anderen treten lassen.

Für die Torleute hält die Londoner Studie auch einen Tipp parat: Am besten sich schon vorab eine Zufallsreihenfolge überlegen, wohin man sich werfen will, und diese dann, komme, was wolle, durchziehen. (jdo, DER STANDARD, 1.8.2014)