Wien/New York - Das Wiener Biotech-Unternehmen Affiris, das seit einigen Jahren neuartige Impfungen entwickelt, will Hinweise auf einen potenziell positiven Effekt einer Immunisierung gegen Morbus Parkinson entdeckt haben. Die Ergebnisse einer frühen Studie der Phase I an 24 Probanden wurden am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in New York präsentiert.
Die Forschungen des Unternehmens wurden von der US-Michael J. Fox Foundation mit 1,5 Millionen Dollar (1,12 Millionen Euro) unterstützt. "Für die fünf Millionen Menschen, die weltweit bereits mit dieser Erkrankung leben - und für noch viel mehr Personen, die in unserer alternden Gesellschaft davon bedroht werden - wäre eine Behandlung, die den Verlauf von Parkinson stoppt oder verlangsamt, eine wirkliche Chance", sagte der Geschäftsführer der Stiftung, Todd Sherer.
Reduktion der Alpha-synuclein-Ablagerungen
Eine für die Parkinson-Krankheit ("Schüttellähmung") charakteristischer Krankheitsmechanismus ist die Ausbildung von sogenannten Lewy-Körperchen in Nervenzellen des Gehirns. Sie bestehen aus dem Protein Alpha-synuclein, reichern sich in den Zellen an und führen zu deren Degeneration und Absterben. Morbus Parkinson wird durch das Absterben Dopamin-produzierender Zellen im Gehirn und dem daraus folgenden Dopaminmangel hervorgerufen. Wissenschafter gehen davon aus, dass die Reduktion der Alpha-synuclein-Ablagerungen die Nervenzellen schützen würde.
Morbus Parkinson kann durch die Gabe von L-Dopa und anderen Arzneimitteln an sich seit Jahrzehnten recht gut behandelt werden. Die Wirkung der Medikamente lässt aber mit der Zeit nach.
Aktiven Immuntherapie
Das Wiener Unternehmen will mit einer aktiven Immuntherapie diese Prozesse positiv beeinflussen. In der Phase-I-Studie mit der Impfung von Probanden mit PD01A ging es primär um die Verträglichkeit. Ein sekundärer Endpunkt der Studie war die Ausbildung von spezifischen Antikörpern gegen Alpha-synyclein als Folge einer schützenden Immunantwort.
PD01A wurde in zwei verschiedenen Dosierungen (15 Mikrogramm und 75 Mikrogramm) an jeweils zwölf Patienten in zwei Gruppen verabreicht. Alle Patienten erhielten vier Impfungen in monatlichem Abstand und alle führten die Studie bis zum Ende durch. Weitere acht Studienteilnehmer bekamen die beste verfügbare medizinische Versorgung inklusive einer Standardbehandlung ihrer Symptome und bildeten die Kontrollgruppe. Alle Studienteilnehmer wurden zwölf Monate hinweg regelmäßig untersucht und bewertet.
Laut dem Unternehmen wurden bei 50 Prozent der geimpften Patienten in Serumproben Alpha-synuclein-spezifische Antikörper festgestellt. Sie wurden auch in der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit registriert. "Die Auswertung der klinischen Endpunkte ergab einen Trend, konsistent über alle analysierten Parameter, hin zu einer Stabilisierung der geimpften Probanden im Vergleich zur nicht geimpften Kontrollgruppe", hieß es in einer Aussendung zu der Pressekonferenz. "Die Sicherheit und Verträglichkeit, die wir in dieser Studie beobachten konnten, sind sehr erfreulich". sagte der Affiris-Mitbegründer Walter Schmidt.
Von Beweis der Wirksamkeit noch weit entfernt
Die nächste Studie wird in Wien durchgeführt und wird sich auf die Beurteilung der immunologischen und klinischen Effekte einer Auffrischungsimpfung zu den ersten Immunisierungen konzentrieren. Auch hier soll es eine Förderung durch die US-Stiftung geben.
Von einem Beweis der Wirksamkeit der Impfung gegen Morbus Parkinson ist man damit aber noch weit entfernt. Nicht immunologische Veränderungen, sondern direkte Auswirkungen auf das Fortschreiten der Erkrankung wären gefordert.
Das Unternehmen arbeitet auch an einer Alzheimer-Impfung. Hier konnte bereits vor einigen Jahren der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) als Lizenzpartner gewonnen werden. Insgesamt sieht der Vertrag Zahlungen von bis zu 430 Millionen Euro vor. Gerade bei solchen Biotech-Forschungsprojekten ist der Ausgang bis zum Ende von groß angelegten Phase-III-Studien auf Wirksamkeit und Verträglichkeit relativ unsicher. (APA, derStandard.at, 31.7.2014)