Michael Lang (21) macht die Teilqualifizierung im Berufsfeld der Tischlerei.

Foto: Christian Fischer

Bei der Zinken-Eckverbindung sind Geduld und Präzision gefragt.

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"Dass alle Menschen mit ihrer Arbeit glücklich sind", antwortet Michael Lang auf die Frage, was er sich denn wünschen würde, wenn er einen Wunsch frei hätte. Michael ist 21 Jahre alt, aufgewachsen in Wien, und hier hat er auch eine Ausbildungsstelle gefunden. An fünf Tagen in der Woche steht er kurz vor sechs Uhr auf, um seine Reise von der elterlichen Wohnung im zehnten Gemeindebezirk in den zwölften anzutreten.

Um Punkt acht Uhr beginnt sein Arbeitstag in der Tischlerei. Was sich Michael für alle wünscht, ist für ihn in Erfüllung gegangen: Er macht seine Arbeit gerne. Ein Großauftrag einer Spielzeugfirma steht heute an. Das heißt: 300 Bögen aus Holz müssen in grellem Gelb gebeizt werden. Stolz präsentiert er ein Werkstück. Es zeigt, dass er die aufwendige Zinken-Eckverbindung beherrscht. Dabei werden zwei Holzstücke kammartig ausgeschnitten, jeder Zinken eines Holzstücks greift perfekt in die Lücke des anderen Teils. Genau erklärt er, was dabei zu tun ist und welch präzise Arbeit mit der Säge gefragt ist. "Weil sonst passt es nicht."

Teilqualifizierung

Spätestens nach drei Jahren wird Michael die vom Fonds Soziales Wien finanzierte "Teilqualifizierung Altmannsdorf" verlassen. Teilqualifizierung heißt: Er wird bestimmte Ausbildungsabschnitte, die im Lehrberuf Tischler vorgesehen sind, vorweisen können. Idealerweise soll die Lehre in einem Unternehmen fortgesetzt werden. Michael Lang hat Glück gehabt. Als Absolvent einer Sonderschule ist es mitunter nicht einfach, eine geeignete Ausbildungsstelle zu finden.

Derzeit leben etwa 85.000 Menschen mit intellektueller Behinderung in Österreich. Gesicherte Daten zu ihrer Arbeitssituation gibt es kaum. Jugend am Werk schätzt, dass 19.000 bis 20.000 von ihnen in Tagesstrukturen wie Beschäftigungstherapien oder Werkstätten arbeiten. Für ihre Tätigkeit erhalten sie in der Regel nur ein geringes Taschengeld von etwa 65 Euro. Außerdem sind sie nicht arbeitslosenversichert. Michael bekommt eine Ausbildungsbeihilfe von etwas mehr als 300 Euro im Monat. Obwohl nicht dazu verpflichtet, besucht er die Berufsschule in Hütteldorf. Was ihm dort nicht so gut gefällt: die aggressive Stimmung in der Klasse.

Die Augen leuchten

Dafür beginnen seine Augen zu leuchten, wenn er von seinem letzten Praktikum in der Tischlerei erzählt. Es galt, ein riesiges Portal abzuschleifen und neu zu lackieren. Ob man dafür nicht jede Menge Geduld braucht? "Ja, das braucht man schon", sagt er.

Bei seinen etwa 20 Arbeitskollegen hier in Altmannsdorf hat Michael den Ruf, so etwas wie ein Coach zu sein, erzählt Claudia Meidl, seine Betreuerin vom Integrationsfachdienst. Er kümmert sich gerne um andere, schaut, dass seine Freunde ihre Siebensachen beieinander haben. Um das Wohl der Gäste hat er sich auch in einem seiner vorherigen Jobs gekümmert. Bei McDonald's war er dafür zuständig, Tabletts wegzuräumen und die Tische sauberzuhalten. Auch diese Arbeit habe ihm sehr gut gefallen.

Für die Zeit nach der Tischlerlehre hat er auch schon einen Plan: Er will Straßenbahn- oder Busfahrer werden. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 7.8.2014)