Wien - Mit ihrer äußerst streitbaren Arbeit ineter(a)nal f/ear setzte die New Yorker Choreografin Rebecca Patek einen provokanten Akzent in der Jungchoreografen-Reihe [8:tension] bei Impulstanz. Diesem hielt der ebenfalls aus den USA stammende, seit einigen Jahren in Wien lebende Michael O'Connor mit seinem Trio Tertiary eine differenzierte Auseinandersetzung über körperliche Kommunikation entgegen.

Eine explizite Kritik an der Ausbeutung der Empathie beim Publikum des amerikanischen Infotainments wollte Patek in ihrer fiktionalen Doku-Performance liefern. Der Aufhänger: Eine Tänzerin wird vergewaltigt und versucht dieses Trauma zusammen mit einem Mann, der an den Folgen eines unangenehmen Sex-Abenteuers leidet, zu bewältigen.

Typischer Stoff für Seelenstrips, wie sie längst auch Eingang in den heimischen Medienboulevard gefunden haben. Daher geht die Kritik daran auch uns etwas an. Patek nimmt hier also einen wichtigen Punkt ins Visier. Und schießt ordentlich daneben. Denn bei ihrem Stück ist alles erfunden - außer die darin als Video- und Live-Acts enthaltenen Pornodarstellungen mit der Choreografin als Hauptdarstellerin.

So stehen diese Bilder zu deutlich für sich selbst, als dass sie noch als Metaphern für die bigotte Emotionspornografie im Schmieren-TV gelesen werden könnten. Daher wirken Patek und ihr Mitperformer leider wie Exhibitionisten, die das, was sie kritisieren wollen, bloß - mit ein bisschen Diskurs gespickt - imitieren.

Mehr Bewusstsein für die Wechselwirkungen des Empathischen zeigen Michael O'Connor, Karin Pauer und Raul Maia in ihrem "tertiären" Tanz über die Gräben zwischen Einfühlung und Selbstbezogenheit. In Tertiary geht es um das, was der beste Stoff für die Unterhaltungsindustrie ist: das Bedürfnis nach Einfühlung. "The baby between two maybes", wie es im Stück heißt.

Was menschliches Verhalten angeht, ist die Wahrnehmung eine oft trügerische Angelegenheit. Vor allem dann, wenn die Einfühlung in Konflikt mit Einbildungen gerät. Dieses Spannungsfeld führen die drei sehr unterschiedlichen, aber gleichermaßen charismatischen Persönlichkeiten mit großer Sensibilität und fast ebenso starkem Sinn für Ironie vor. (ploe, DER STANDARD, 1.8.2014)