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Die EU beschließt Sanktionen der Stufe drei gegen Russland.

Foto: APA/EPA/Kochetkov

Die EU-Wirtschaftssanktionen seien kein Beitrag zur Deeskalation, kritisierte der Botschafter Russlands bei der Europäischen Union, Wladimir Tschischow, am Mittwoch. Die Maßnahmen würden nirgendwo hinführen und auch nicht helfen, die Ukraine-Krise zu lösen, sagte Tschischow laut der russischen Agentur Interfax.

"Unglücklicherweise bestätigt die Entscheidung der EU unsere Ansicht, dass die Europäische Union vom Weg der Sanktionen und des andauernden Drucks nicht ablassen will oder kann, der für sich nirgendwo hinführt und keinesfalls zur Deeskalation in der Ukraine beiträgt", so Tschischow.

Leitl unglücklich mit Sanktionen

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl sprach sich erneut gegen die Sanktionen der EU und der USA aus. "Wirtschaft soll nicht als Instrument der Politik missbraucht werden", sagte Leitl am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal". Österreichs Exporte nach Russland würden heuer voraussichtlich um ein Fünftel einbrechen, warnte Leitl.

Er zeigte zwar Verständnis für die Haltung der europäischen Länder. "Niemand billigt das Vorgehen von (Russlands Präsident Wladimir) Putin, weil das nationalistische Säbelgerassel ins 19. Jahrhundert passt, aber nichts ins 21. Jahrhundert", so Leitl. Man müsse dennoch kühlen Kopf bewahren. Das einzig Zielführende sei der Dialog.

Rechtstexte an Regierungschefs geschickt

Die Sanktionen werden im Detail am Donnerstag veröffentlicht. Die 28 Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich Dienstagabend auf die Stufe drei der Strafmaßnahmen wegen Putins Verhaltens in der Ukraine-Krise geeinigt. Die Kundmachung der betroffenen russischen Wirtschaftszweige erfolgt im Amtsblatt der EU.

Am Mittwoch läuft formal das schriftliche Verfahren. Konkret heißt das, dass die ausgearbeiteten Rechtstexte an die einzelnen Staats- und Regierungschefs geschickt werden.

Deutschland am stärksten betroffen

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte erklärt, dass die Sanktionen den Zugang russischer staatseigener Finanzinstitutionen zum europäischen Kapitalmarkt begrenzen, ein Waffenembargo verhängt wird und ein Ausfuhrverbot für "Dual-use Goods" erlassen wird, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können. Außerdem werde Russlands Zugang zu hochsensiblen Technologien im Erdölbereich eingeschränkt.

Insgesamt exportierte die EU im vergangenen Jahr Waren im Wert von 120 Milliarden Euro nach Russland. Der Löwenanteil davon entfiel mit rund 36 Milliarden Euro auf Deutschland. Österreichs Ausfuhren umfassten 3,5 Milliarden Euro.

Deutscher Appell an neutrale Staaten

Deutsche Politiker forderten die Schweiz und Norwegen auf, sich den Sanktionen anzuschließen. Die beiden Nicht-EU-Staaten seien zwar souverän in ihren Entscheidungen, sagten der stellvertretende SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und der CDU-Budgetpolitiker Norbert Barthle. "Dennoch wäre andererseits eine Unterstützung des EU-Kurses ein deutliches Signal an Moskau", sagte Mützenich der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir teilen mit Norwegen und der Schweiz das gemeinsame Interesse: Russland muss auf die Separatisten einwirken und zu einem konstruktiven und verbindlichen Dialog zurückfinden."

Kritik aus Litauen

Litauen zeigte sich enttäuscht, dass die Lieferung von zwei französischen Kriegsschiffen der Mistral-Klasse von den Sanktionen ausgenommen ist. "Ich betrachte die neuen EU-Sanktionen als einen Schritt nach vorne. Die Sanktionen sind notwendig, allerdings längst überfällig und unzureichend", sagte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite.

Zentralbank will russische Banken stützen

Die russische Zentralbank reagierte am Mittwoch auf die Sanktionen und sicherte den betroffenen Banken Unterstützung zu. "Sollte es notwendig sein, werden geeignete Maßnahmen ergriffen, um die Interessen der Bankkunden, der Sparer und der Kreditgeber zu schützen", zitierten die Nachrichtenagentur Dow Jones und das "Wall Street Journal" am Mittwoch die Zentralbank.

Die Sanktionen der USA haben neben der VTB Bank die Bank of Moscow und die Russian Agricultural Bank zum Ziel. Die EU hat die von ihren Sanktionen betroffenen Banken noch nicht genannt. Die VTB erklärte am Mittwoch, sie sei zuversichtlich, sich im Bedarfsfall mit Kapital versorgen und in andere Währungen und Märkte ausweichen zu können. Die Bank of Moscow und die Russian Agricultural Bank äußerten sich ähnlich und erklärten, sie rechneten nicht mit negativen Auswirkungen.

Ein Bericht der slowakiscchen Zeitung "Pravda" deutet darauf hin, dass die Sberbank Europe (ehemals Volksbank International AG), Tochter und Wiener Europazentrale der staatlichen russischen Sberbank und die slowakische Sberbank nicht von den Sanktionen erfasst sein dürften. Gleiches gilt offenbar auch für die Wiener VTB-Tochter.

Visa und Mastercard entwarnen

Die großen US-Kreditkartenfirmen Visa und Mastercard rechnen nach eigenen Angaben nicht mit Beeinträchtigungen im Russland-Geschäft durch die neuen US-Sanktionen. Transaktionen russischer Kunden würden wie üblich abgewickelt, hieß es in einer Erklärung von Visa. Das neue Sanktionspaket zwinge das Unternehmen nicht, die Geschäfte mit russischen Banken, die unter die Sanktionen fallen, zu stoppen oder zu blockieren. (Reuters/APA, 30.7.2014)