Aristoteles prägte mit dem Begriff Oikos (von griech. Gehöft) das, was wir heute als Forschungsgebiete zur Ökonomie kennen. Sie standen lange unter dem Primat der Politik und waren in der philosophischen Disziplin der Ethik verankert. Dabei war für den griechischen Denker die Kategorie der Autarkie, als Selbstgenügsamkeit verstanden, wesentlich. Man solle sich mit dem zufrieden geben, was man erreichen kann.

Der Weg sei dabei das Ziel. Heute wird Autarkie primär als Selbstversorgung verstanden. In den Volkswirtschaftslehren verknüpft man reflexhaft nationalistische Abschottung gegen globalen Freihandel. Über diese eindimensionale Einschätzung soll man weiterhin diskutieren können und deshalb gibt es etwa die "International Student Initiative for Pluralism in Economics".

Es geht nicht nur um Entideologisierung, sondern auch um die Rettung der Volkswirtschaftslehre als Wissenschaft. Forschung ohne radikale Kritikfähigkeit verkommt zur Lehrdoktrin als Herrschaftsinstrument. Ohne freie methodische Reflexion sind neue Erkenntnisse nicht möglich. Diese leidvolle Erfahrung hat auch die Philosophie im Laufe ihrer Geschichte mehrmals gemacht.

Eine Menge "Material"

Philosophen publizieren nach wie vor zu Fragen rund um die Wirtschaft - push. Nur weil es philosophische Literatur gibt bedeutet das aber nicht, dass ein Bedarf auf dem "Markt" besteht. Wenn von Seiten der "Wirtschaft" hierzu Nachfrage herrscht - pull - etwa wenn man "Werte" thematisiert, dann heißt das nicht, dass die Philosophen den Zuschlag erhalten werden.

Ihr Nutzen ist für viele nicht unmittelbar zu sehen und die Konkurrenz aus PR- und Marketingfachleuten, Psychologen, aktuell auch der Neurowissenschafter, ist gegeben. Das führt dazu, dass zu Fragen der Ethik nicht argumentiert, sondern gepredigt oder angeleitet wird. Trainer als Experten empfehlen Verhalten, verweisen auf gesetzliche Verpflichtungen oder verallgemeinern unzulässig Forschungsergebnisse, weil es catchy klingt. Die Ratschläge laufen oft auf Nachahmen und Befolgen hinaus, vertiefendes Denken und Reflektieren ist dabei nicht notwendig.

Fisch oder Fleisch

Jede Handlung gründet in einer Wertentscheidung. Diese Werte als Prinzipien werden in Ethik-Seminaren selten in dialektischen Zusammenhängen thematisiert. Man verweist zwar gerne auf sie, alle lieben die Werte, denn von ihnen könne man compliente Verhaltensmuster ableiten, aber wer sagt dazu, dass diese Werte im selben Fall aus einem anderen Blickwinkel oder in ganz ähnlich gelagerten Fällen problematisch sind, weil sich Widersprüche ergeben, diese oft breiter interpretierbar oder spezifischer kontextabhängig sind usf. Die Schlingen des gordischen Knotens ziehen sich oft schneller zusammen, als einem lieb sein kann.

Das Hirn im Bauch

Wer sich also nicht sicher ist, der verlasse sich in schwierigen Entscheidungssituationen einfach auf sein Bauchgefühl. Das ist zwar nur eine Intuition, die oft aus einer in der Kindheit erlebten Konditionierung hervorging - wenn wir damals X fühlten, dann war das falsch, wie man uns im Laufe der Primärsozialisationen zu Verstehen gab. In Analogie soll dies auch jetzt noch gelten, wenn wir dieses bestimmte Gefühl wieder haben. Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Erfahrungen, auf denen die Intuition beruht, im aktuellen Fall noch relevant sind.

Denken hilft

Deshalb ist es wichtig sich ethischen Fragen mittels des Denkens anzunähern, vor allem wenn unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen Beteiligter aufeinander treffen. Auch die angebotenen philosophischen Ansätze sind zu überprüfen: Ist die gewählte Methode passend? Soll man Entscheidungsbäume verwenden, diese auf Werte und Prinzipien rückbeziehen? Wie weit kommt man mit zweiwertigen Ansätzen, welche Bedeutung hat das Systemische? Wie leitet man Konsequenzen schlüssig ab und ist das eindeutig überhaupt möglich? Was wäre aus pragmatischer Sicht zu tun? Wer hat Zeit, sich damit eingehender zu beschäftigen? Die Philosophen.

"Falsche Werthe und Wahn-Worte...

...das sind die schlimmsten Ungeheuer für Sterbliche, - lange schläft und wartet in ihnen das Verhängnis. Aber endlich kommt es und wacht und frisst und schlingt, was auf ihm sich Hütten baute." Nietzsche kritisierte hier im Zarathustra die Verabsolutierung von Werten.

Lassen sich Werte denn eindeutig bestimmen? Nein. Wie ist es möglich sich ihrer situativen Bedeutung diskursiv anzunähern? Wann und wie sprechen Sie in ihrem Unternehmen offen und frei über das was sein soll? Da klare Begriffe nur um den Preis der Vereinfachung zu gewinnen sind, stellt sich wieder die Frage: Cui bono - zu wessen Gunsten?

Du, Du, Du!

Allgemein wäre noch zu sagen, dass Moralisten Zeigefinger erheben, beschuldigen und Rechtfertigungen fordern. Ethiker dagegen stellen Fragen, die zur Klärung dienen können. Offene Diskussionen ermöglichen Orientierungen. Die Entscheidung liegt immer beim Einzelnen. Wir können nicht wie Buridans Esel zwischen den Heuhaufen der Möglichkeiten verhungern, nur weil unsere persönliche Urteilskraft nicht stark genug scheint.

So wie ein ganz normaler Esel beide frisst, nämlich einen Heuhaufen nach dem anderen, werden wir uns entscheiden, meist innerhalb kurzer Zeit. Aber ob die gestrige Entscheidung morgen noch die beste war, bleibt die spannende Frage. Wer hierzu dokumentiert und gut zu argumentieren vermag, wird sich auch verantworten können.