Im Urlaub darf man noch träumen. 1953 führte der Franzose Serge Trigano mit seinem Partner Gérard Blitz den Kommunismus beim Reisen ein: Im Club Méditerrannée kam es ein halbes Jahrhundert lang nicht auf Geld oder Status an, sondern auf Lebenslust und Geselligkeit. Rudimentär eingerichtete Club-Dörfer zogen einfache Bürger mit kleinem Budget an, zumeist Singles, die zum Bräunen und Tanzen kamen und ihr Gehirn wie das Portemonnaie - der Urlaub war pauschal bezahlt - am Dorfeingang gegen Sonnencreme und einen Bambusrock eintauschten.
Diese fidelen Zeiten sind seit langem vorbei. Das Feriendorf-Modell wurde oft - oft auch besser - kopiert, und der Sohn des Firmengründers, Serge Trigano, hatte keine glückliche Hand, als er den erwachsen gewordenen Reisekonzern 1993 übernahm. Schon vier Jahre später wurde er brutal abgesetzt, als er einen Jahresverlust von (umgerechnet) 113 Mio. Euro einfuhr.
Vom Fußballmilliardär ...
Danach wurde der einstige Club der Ferientrotzkisten eine Beute der Kapitalisten. Der Fussballmilliardär Bernard Tapie, die italienischen Agnellis (Fiat) oder der französische Hotelkonzern Accor versuchten sich am Club Med.
... bis zum chinesischen Investor
Die diversen Konjunkturkrisen setzten ihm aber weiter zu. Der 2002 berufene Konzernchef Henri Giscard d'Estaing - ein Sohn des französischen Ex-Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing - verwandelte den Club Med in ein Netz aus schicken Ferienressorts für begüterte Kunden. 2013 sackte das Hochglanzunternehmen mit einem Umsatz von 1,4 Mrd. Euro aber erneut in die Verlustzone ab. Nun sucht Giscard d'Estaing das Heil nun bei den Neureichen Asiens, unter anderem mit einem Feriendorf in China. Um diese globale Strategie abzusichern, holte er den chinesischen Investor Fosun an Bord. Gemeinsam mit dem Investor Ardian arbeiteten sie ein Projekt aus, dessen Kontinuität in der Reisebranche wohlwollend aufgenommen wurde.
Verwaltungsrat empfiehlt Bonomi-Offerte
Doch jetzt platzt schon der nächste Raider ins Feriendorf. Der Italiener Andrea Bonomi, Spross der gleichnamigen Industriellenfamilie aus Norditalien, lancierte im Juni eine Übernahmeattacke. Dank einem geschätzten Vermögen von drei Milliarden Euro ist es ihm ein Leichtes, das Projekt von Giscard-Ardian-Fosun zu überbieten und für eine Club Med-Aktie nicht nur 17,5, sondern gleich 22 Euro zu bieten.
Am Wochenende musste der Verwaltungsrat - bei dem Giscard d'Estaing in den Ausstand getreten war - das Bonomi-Offert den Aktionären wohl oder übel zur Annahme empfehlen. Die Gegenseite kann noch nachlegen; doch Bonomi hat inzwischen auch die Gründerfamilie auf seine Seite geholt: Er verspricht Serge Trigano den Posten eines "nicht exekutiven Präsidenten".
Die Animatoren in den Feriendörfern, die weiterhin "nette Organisatoren" (gentils organisateurs) oder kurz GO genannt werden, "zittern schon in ihren Badehosen", wie ein Pariser Fachblatt anmerkte. Serge Trigano gilt als schlechter Manager, und auch jetzt verwendet er mehr Energie darauf, seine beiden Söhne ins Kapital zu holen, als ein tragbares Konzept auszuarbeiten. Aber mit Worten wie Langzeitstrategie hatte der Club Med noch nie etwas am Strohhut. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 28.7.2014)