Das Ritual ist seit Jahrzehnten eingespielt: Wer immer fragwürdige verkehrspolitische Entscheidungen wie den Bau des Semmering-Basistunnels infrage stellt oder auch nur die zwecks Untermauerung des Bedarfs gebastelten Hochrechnungen zu Gütertransporten hinterfragt, wird als Bahnhasser diskreditiert. Oder als ahnungsloser Flachländer aus Wien, der den Steirern ihren Lieblingstunnel nicht gönnt.

Fakten sind bei Milliardeninvestitionen, die künftige Generationen über Gebühr strapazieren werden, nicht gefragt. Ein Plan, der Bedarf und Angebot gegenüber- und auch in den Kontext des EU-Binnenmarkts stellt, scheint der zahlenden Öffentlichkeit schon gar nicht zumutbar.

Im Gegenteil, dem p. t. Steuerzahler werden fantastische Zahlen über die astronomisch-positive Wirkungsweise auf Beschäftigung während der Bauphase entgegengeschleudert, dass man geneigt ist, sich zu fragen, warum nicht gleich zehn Tunnel gebaut werden statt nur drei. Wer will schon neue Jobs verhindern? Gemeinsam ist all diesen Hochrechnungen allerdings: je höher die Baukosten, desto größer die segensreiche "Wirkung" des Projekts.

Bei so intensiver wie konsistenter Überzeugungsarbeit kann es schon passieren, dass es die Behörden mit der Verwaltungsarbeit nicht so genau nehmen. Die Devise heißt ja: durchpeitschen. Mutige Bürger lassen sich das nicht mehr gefallen und schalten die Staatsanwaltschaft ein. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 28.7.2014)