Für's Wohlbefinden bekömmlicher als all das ausgelegte Fleisch ist vielleicht ein kurzer Plausch mit dem Verkäufer.

Foto: Forschungszentrum Jülich

Bei den Versuchen am Forschungszentrum Jülich kommunizierten die Teilnehmer über Blickkontakt mit einer virtuellen Person, indem sie einen der beiden Punkte fixierten.

Foto: Forschungszentrum Jülich

Jülich - Wenn wir uns beim Einkaufen die Zeit für ein kurzes Tratscherl mit dem Verkäufer nehmen, strapazieren wir vielleicht die Nerven derer, die hinter uns in der Schlange stehen. Uns selbst tun wir aber etwas Gutes. Dass kleine soziale Interaktionen zum Wohlbefinden beitragen, klingt vielleicht nicht nach einer Überraschung - das Forschungszentrum Jülich liefert nun aber auch die entsprechenden Messdaten.

Messproblem gelöst

"Es gibt zahlreiche Hinweise aus der Neuroökonomie und Motivationspsychologie, dass das Belohnungssystem eine wichtige Rolle beim Erleben sozialer Interaktionen spielt. Ein eindeutiger Beleg stand bisher allerdings noch aus, was unter anderem daran liegt, dass Untersuchungen im Magnetresonanztomografen die Bewegungsfreiheit stark einschränken“, sagt der Jülicher Forscher Ulrich Pfeiffer, Autor der in der Fachzeitschrift "NeuroImage" veröffentlichten Studie. Die Anforderungen einer Messung - Inaktivität und Schweigen - scheinen also in einem unauflöslichen Widerspruch zu denen der zu messenden Situation zu stehen.

Um dennoch ein unmittelbares Abbild der Hirnaktivität zu erhalten, haben die Forscher vom Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin, Kognitive Neurowissenschaften (INM-3), ein neues Testverfahren entwickelt. Die Methode vereint Elemente der virtuellen Realität mit interaktiven Techniken der Blickerfassung ("Gaze-contingent Eye-Tracking“). Das Ergebnis ist zwar eine eher abstrakt anmutende Form von sozialer Interaktion, doch immerhin wurde deren subjektives Erleben nun messbar.

Das Experiment

Die Versuchspersonen erhielten den Auftrag, nur durch Blickkontakt mit einem animierten Gesicht auf einem Monitor zu kommunizieren, das abhängig von der Augenbewegung der Probanden die Blickrichtung ändert.

Nach mehreren Durchläufen sollten die Teilnehmer schließlich entscheiden, ob ihr virtuelles Gegenüber von einem Menschen oder einem Computer gesteuert wird. Ein Trick, denn in Wahrheit kontrollierte der Computer das Geschehen bei jedem Durchlauf. Der zweite anwesende Versuchsteilnehmer, ein Schauspieler, war nie mehr als ein unbeteiligter Statist.

Mensch und Maschine

Dennoch ließen sich Unterschiede feststellen: Gingen Probanden von einem menschlichen Partner aus, so bewerteten sie die blickbasierte Interaktion nachträglich als angenehmer. Und tatsächlich zeigten auch die mit dem Magnetresonanztomografen (MRT) gemachten Aufnahmen, dass schon der bloße Umgang mit einem als menschlich eingestuften Partner ausreicht, um das Belohnungssystem zu aktivieren.

"Insbesondere im ventralen Striatum und im medialen orbitofrontalen Kortex konnten wir eine erhöhte Aktivität feststellen, die umso stärker ausfiel, je kooperativer sich der virtuelle Charakter verhielt“, sagt Pfeiffer. Bei einem rein maschinell gesteuerten Gegenüber blieb diese Belohnungsreaktion hingegen regelmäßig aus. (red, derStandard.at, 25. 7. 2014)